Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 führte zu einer großen Migrationswelle aus Deutschland. Über 500.000 Menschen verließen das Dritte Reich, unter ihnen auch viele Künstler und Kulturschaffende. Die Ausstellung präsentiert Werke von exilierten Künstlern, die aus dem früheren Westpreußen und anderen ehemals ostdeutschen Regionen stammen.
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Zwischen 1933 und 1945 flohen etwa eine halbe Million Menschen aus dem Machtbereich der nationalsozialistischen Diktatur. Neben der großen Anzahl von Menschen jüdischen Glaubens, die aus rassistischen Gründen verfolgt wurden, richtete sich die Politik der neuen Machthaber auch gegen jene, die nicht den politischen oder weltanschaulichen Ansichten der NSDAP entsprachen. Zu ihnen zählte auch die kulturelle Avantgarde der bildenden Künstler:innen. 

Das Westpreußische Landesmuseum präsentiert in dieser Ausstellung Werke von Malerinnen, die aus den damals deutschen Gebieten 
Pommern
eng. Pomerania, pol. Pomorze

Pommern ist eine Region im Nordosten Deutschlands (Vorpommern) und im Nordwesten Polens (Hinterpommern/Pomorze Tylne). Der Name leitet sich vom westslawischen 'am Meer' - 'po more/morze' ab. Nach dem Dreißigjährigen Krieg (Westfälischer Friede 1648) wurde Vorpommern zunächst schwedisch, Hinterpommern fiel an Brandenburg, das 1720 weitere Teile Vorpommerns erwerben konnte. Erst ab 1815 gehörte die gesamte Region als Provinz Pommern zum Königreich Preußen. Die Provinz hatte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Bestand, ihre Hauptstadt war Stettin (heute poln. Szczecin).

Posen
eng. Province of Posen, pol. Prowincja Poznańska

Die historische Provinz Posen befand sich von 1815 bis 1920 im östlichen Preußen. Heutzutage liegt das Gebiet der ehemaligen Provinz vollständig in Polen. Die Hauptstadt war die Stadt Posen (Poznań), der Namensgeber der Provinz. In dem Gebiet lebten ca. 2 Millionen Menschen.

Schlesien
ces. Slezsko, eng. Silesia, pol. Śląsk

Schlesien (polnisch Śląsk, tschechisch Slezsko) ist eine historische Landschaft, die heute überwiegend im äußersten Südwesten Polens, in Teilen jedoch auch auf dem Gebiet Deutschlands und Tschechiens liegt. Mit Abstand wichtigster Fluss ist die Oder. Nach Süden wird Schlesien vor allem durch die Gebirgsketten der Sudeten und Beskiden eingegrenzt. In Schlesien leben heutzutage knapp 8 Millionen Menschen. Zu den größten Städten der Region zählen Wrocław (hist. dt. Breslau), Opole (Oppeln) und Katowice (Kattowitz). Vor 1945 gehörte die Region zweihundert Jahre lang großteils zu Preußen, vor den Schlesischen Kriegen (ab 1740) fast ebenso lange Zeit zum Habsburgerreich. Schlesien wird in Ober- und Niederschlesien eingeteilt.

Westpreußen
eng. West Prussia, pol. Prusy Zachodnie

Westpreußen ist eine historische Region im heutigen Norden Polens. Die Region fiel infolge der ersten Teilung Polen-Litauens 1772 an Preußen und erhielt ihren Namen durch die 1775 durch Friedrich II. gebildete gleichnamige Provinz, zu der auch Teile der historischen Landschaften Großpolen, Pommerellen, Pomesanien und das Kulmerland gehörten. Die preußische Provinz hatte in wechselnden Grenzen bis ins frühe 20. Jahrhundert Bestand. Nach dem Ersten Weltkrieg fielen Teile an die 1918 gegründete Zweite Polnische Republik. Zu den größten Städten Westpreußens zählen Danzig (poln. Gdańsk, heute Woiwodschaft Pommern), Elbing (poln. Elbląg, heute Woiwodschaft Ermland-Masuren) und Thorn (poln. Toruń, heute Woiwodschaft Kujawien-Pommern).

 und 
Ostpreußen
eng. East Prussia, pol. Prusy Wschodnie, lit. Rytų Prūsija, rus. Восто́чная Пру́ссия, rus. Vostóchnaia Prússiia

Ostpreußen ist der Name der ehemaligen, bis 1945 bestehenden östlichsten preußischen Provinz, deren Ausdehnung (ungeachtet historisch leicht wechselnder Grenzverläufe) ungefähr der historischen Landschaft Preußen entspricht. Die Bezeichnung kam erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Gebrauch, als neben dem 1701 zum Königreich erhobenen Herzogtum Preußen mit seiner Hauptstadt Königsberg weitere, zuvor polnische Gebiete im Westen (beispielsweise das sog. Preußen Königlichen Anteils mit dem Ermland und Pommerellen) zu Brandenburg-Preußen kamen und die neue Provinz Westpreußen bildeten.
Heutzutage gehört das Gebiet der ehemaligen preußischen Provinz überwiegend zu Russland (Oblast Kaliningrad) und Polen (Woiwodschaft Ermland-Masuren). Das ehemalige sog. Memelland (auch Memelgebiet, lit. Klaipėdos kraštas) kam erstmals 1920 und erneut ab 1945 zu Litauen.

 stammten. Sie zählen zu der namhaften Gruppe der Kulturschaffenden, die nach 1933 ins Ausland flohen.  Viele der hier gezeigten Künstler:innen waren bereits in der Weimarer Republik erfolgreich. Sie stammen aus dem Umkreis der Berliner oder Münchner Sezession und des Pariser Café du Dôme, waren Mitglieder verschiedener Künstlervereinigungen wie dem Künstlerbund Schlesien oder der in Berlin gegründeten Novembergruppe. Diese kulturelle Vielfalt wurde in den Jahren nach 1933 unwiederbringlich zerstört. Für viele der auch sozial oder politisch engagierten Kulturschaffenden war die Emigration der einzige Weg, sowohl das physische als auch das künstlerische Überleben zu sichern. 

Die Ausstellung mit Werken aus der Sammlung »Memoria« Thomas B. Schumann und dem Sammlungsbestand des Westpreußischen Landesmuseums rückt die vergessenen Künstler
innen, ihre Werke und kulturellen Leistungen wieder in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Sie trägt dazu bei, dass die Verfolgung, Vertreibung und Ermordung zahlreicher Kulturschaffender während der nationalsozialistischen Diktatur nicht endgültig in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig möchte sie die Aufmerksamkeit auf die heute bei uns im Exil lebenden Künstler:innen richten, denn das Verhältnis von Kunst und Politik, Vertreibung und Heimatverlust, kultureller Identität und Assimilation hat nichts von seiner Brisanz verloren.
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