Am Beispiel von Ortsnamensverzeichnissen (Gazetteers) untersucht das Projekt die Genese und Entwicklung geografischer Wissensordnungen und die Einflussnahme unterschiedlichster Akteure auf geografische Diskurse. Der technische Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung einer eigenen Web-Anwendung zur Auswertung bereits existierender digitaler Gazetteer-Ressourcen.
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In den vergangenen Jahren haben verschiedene Fachdisziplinen Ortsnamensverzeichnisse (Gazetteers) erstellt und damit eine erhebliche Menge an Daten zusammengetragen. Die zunehmende Anzahl an Gazetteers spiegelt den hohen Bedarf an strukturierten ortsbezogenen Daten wieder, der mehreren wissenschaftlichen Disziplinen gleichermaßen zu Nutzen kommt, wie etwa den Geschichtswissenschaften, der Geografie, der Archäologie, der Klimawandel-Forschung. Die Verschiedenartigkeit dieser Datenquellen und Metadatenstrukturen stellen jedoch eine ernste Herausforderung für deren wissenschaftlichen Gebrauch dar.
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Das Herder-Institut (HI), das Institut für Länderkunde (IfL) und die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) möchten im Rahmen dieses Projekts keinen neuen Gazetteer aufbauen. Vielmehr strebt das Projektteam danach, historisch-geografische Fallbeispiele zu analysieren, in denen sich der Wandel geografischer Wissensordnungen vom 18. bis ins 21. Jahrhundert zeigt, sowie eine Web-Anwendung zu entwickeln, die es erlaubt, Metadaten und Inhalte verschiedener Online-Gazetteers zu vergleichen. Unter Verwendung von bekannten Metadaten und Datenintegrations-Architekturen entwickelt das Projektteam zudem Methoden und ein Netzwerk, um Forschungen zu unterstützen, die Daten zu geografischen Namen verwenden.
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Gazetteers und geografische Namen repräsentieren Macht-Wissen-Konstellationen respektive geografische Diskurse. Indem wissenschaftliche und staatliche Autoritäten Ortsnamen definieren und Gazetteers zusammenstellen, definieren sie Sichtweisen auf die Welt, auf einen Kontinent oder eine Region. Die Untersuchung von Gazetteers und ihrer wechselnden Inhalte stellt ein hervorragendes Beispiel dar, um zu erforschen, wie sich Macht-Wissen-Konstellationen verändert haben und wie sie sich gegenwärtig mit dem Eintritt ins digitale Zeitalter weiter ändern. Wie in einem Vergrößerungsglas zeigt die Untersuchung von Gazetteers Mechanismen und Konsequenzen von Digitalisierungsprozessen, die sich auf viele andere Felder übertragen lassen, wie etwa: die Transformation von analogen zu digitalen Enzyklopädien und wie diese den „aktuellen“ Stand von Spezialwissen definieren; der Wandel von Wirtschaftsstatistiken und wie sie internationalen Handel und Abhängigkeiten strukturieren; die Entwicklung von Umweltbeobachtung und wie dies die Grenzen von „Re-Naturierung“ definiert.
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