Das Deutsche Reich war ein von 1871 bis 1945 existierender Staat in Zentraleuropa. Die Zeit von der Gründung bis 1918 wird als Deutsches Kaiserreich bezeichnet, dann folgte die Zeit der Weimarer Republik (1918/1919-1933) und die des Nationalsozialismus (sogenanntes Drittes Reich) von 1933 bis 1945. Als Tag der Reichsgründung gilt der 01.01.1871.
Die historische Landschaft Wolhynien liegt in der nordwestlichen Ukraine an der Grenze zu Polen und Belarus. Bereits im Spätmittelalter fiel die Region an das Großfürstentum Litauen und gehörte ab 1569 für mehr als zwei Jahrhunderte zur vereinigten polnisch-litauischen Adelsrepublik. Nach den Teilungen Polen-Litauens Ende des 18. Jahrhunderts kam die Region zum Russischen Reich und wurde namensgebend für das Gouvernement Wolhynien, das bis ins frühe 20. Jahrhundert Bestand hatte. In die russische Zeit fällt auch die Einwanderung deutschsprachiger Bevölkerungsteile (der sog. Wolhyniendeutschen), die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt fand. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Wolhynien zwischen Polen und der ukrainischen Sowjetrepublik aufgeteilt, ab 1939, infolge des Hitler-Stalin-Paktes, vollständig sowjetisch und bereits 1941 von der Wehrmacht besetzt. Unter deutscher Besatzung kommt es zur systematischen Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung sowie weiterer Bevölkerungsgruppen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Wolhynien erneut zur Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik und seit 1992 zur Ukraine. Die Landschaft ist namensgebend für die - räumlich nicht exakt deckungsgleiche - heutige ukrainische Oblast mit der Hauptstadt Luzk (ukr. Луцьк).
Ober Ost hieß eine vom preußischen Militär geleitete Besatzungsverwaltung auf polnischem, litauischem und belarussischem Gebiet, die das beherrschte Gebiet wirtschaftlich ausbeutete und anders als das Generalgouvernement Warschau nicht unter eine Zivilverwaltung stellte. Hier entstanden früh Pläne einer Annexion der Gebiete in das Deutsche Reich und eine Besiedlung mit Deutschen
„Vorbedingung für den Erfolg der ganzen Arbeit war jedoch die Gewinnung solcher Kolonisten, die bereit waren, die Entbehrungen der ersten Zeit auf sich zu nehmen, und die für eine Ansiedlung unter diesen Verhältnissen erforderlichen Eigenschaften: Fleiß, Zähigkeit und Anspruchslosigkeit aufweisen konnten. […] Man fand ein solches Menschenmaterial in den deutschen Bauernkolonien in Wolhynien und Südrußland. [...] Neben dem Fleiß und der Genügsamkeit dieses Siedlerstammes fiel ganz besonders der außerordentliche Kinderreichtum seiner Familien ins Gewicht.“7
„Der Deutsch-Wolhynier liebt seinen Boden, er kämpft um ihn mit einer Zähigkeit und Hingabe, die ihresgleichen suchen. Aber ihn lockt gleichzeitig der Urwald der Ferne, um ihn zu roden und wieder zu seinem Grund und Boden zu gestalten. Der Zwiespalt des Deutschen – Heimatliebe und Fernweh, Bodenverwurzelung und Wandertrieb – verkörpert sich in diesem jüngsten deutschen Stamm erschütternd rein. Der Wolhyniendeutsche ist damit ein echter Nachkomme jener ostlandfahrenden Bauern, die immer wieder in die Weite ausgreifend immer wieder echten deutschen Volks- und Kulturboden schufen und so den Zwiespalt des Wesens im Werk zur Einheit erhoben.“9
Als zu Beginn des Zweiten Weltkriegs in Folge des Hitler-Stalin-Pakts mehrere hunderttausend deutschstämmige Menschen vor allem in die von Polen annektierten Gebiete umgesiedelt wurden, um diese zu „germanisieren“, spielte die Wiederholung der etablierten Vorstellungen vom anspruchslosen und kinderreichen Siedlungspionier eine wichtige Rolle in der Propaganda und der Kommunikation des „Heim-ins-Reich“-Unternehmens.10 Vor dem Hintergrund der hier aufgezeigten Geschichte erschien es reichsdeutschen Eliten selbstverständlich, deutschsprachige Bewohner des östlichen Europa als Werkzeuge einer deutschen Expansion einzusetzen. Darin wird auch sichtbar, wie tief Kolonialismus als Notwendigkeit und Bestimmung deutscher Nation im politischen Handeln verankert war und wie das hierarchische und hegemoniale Denken des Kolonialismus noch die eigene Gemeinschaft ordnete. Es wurden nicht nur vermeintliche ‚äußere‘ und ‚innere‘ Feinde des Volkes bekämpft. Selbst Mitglieder der „Volksgemeinschaft“ waren nicht als Nutznießer eines angestrebten deutschen Aufstiegs zur Weltmacht, sondern als nützliches „Siedlermaterial“ auf dem Weg dorthin vorgesehen. Mithin wurden auch sie einer kolonialen Logik unterworfen, die auf der viel früheren Erfindung und Abwertung des östlichen Europas und seiner Bewohner beruhte.