In den 1930ern existierte eine polnische Kolonialbewegung. Diese verfolgte mit Unterstützung der Warschauer Regierung ein Kolonisationsprojekt in Liberia. Großbritannien beobachtete skeptisch die polnischen kolonialen Bemühungen, die in der Tat erfolgslos blieben.
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Am 7. Oktober 1918, mehr als 100 Jahre nach der letzten Teilung 
Polen-Litauen
eng. Polish–Lithuanian Commonwealth, lit. Abiejų Tautų Respublika, pol. Rzeczpospolita Obojga Narodów, deu. Erste Polnische Republik, lat. Respublica Poloniae, pol. Korona Polska i Wielkie Księstwo Litewskie, lat. Res Publica Utriusque Nationis, deu. Republik beider Völker

Bereits 1386 wurden das Königreich Polen und das Großfürstentum Litauen durch eine Personalunion verbunden. Polen-Litauen bestand als multiethnisches Staatsgebilde und Großmacht im östlichen Europa von 1569 bis 1795. In dem auch Rzeczpospolita genannten Staat wurde der König von den Adeligen gewählt.

, entstand wieder ein polnischer Staat, die sogenannte 
Republik Polen
eng. Second Polish Republic, deu. Zweite Polnische Republik, pol. II. Rzeczpospolita, pol. II Rzeczpospolita

Zweite Polnische Republik (Polnisch: II. Rzeczpospolita) ist die gängige Bezeichnung für den wiedererrichteten polnischen Staat (Republik Polen), der am 11.11.1918, nach Ende des Ersten Weltkriegs und 123jähriger Teilungszeit, seine Unabhängigkeit wiedererlangte. Seine Ausdehnung vor allem nach Osten war wesentlich kleiner als zur Zeit der sogenannten 1. Republik (Adelsrepublik), die 1795 mit der dritten Teilung Polens zwischen der Habsburgermonarchie, Preußen und Russland zu existieren aufgehört hatte.

Die Grenzen der Zweiten Polnischen Republik zu den Nachbarstaaten wurden erst 1921 und infolge bewaffneter Konflikte festgelegt, wobei sie auch im Nachgang (und teils während der gesamten Existenz der Zweiten Polnischen Republik) umstritten bleiben konnten. Dem deutschen Angriff auf Polen am 1.9.1939 und dem sowjetischen Einmarsch in Polen am 17.9.1939 folgte am 28.9.1939 die Kapitulation in Warschau, was dem funktionalen Ende der Zweiten Republik gleichkam. Als ihr formelles Ende wird oft die Rücknahme der Anerkennung der polnischen Exilregierung durch die britischen und US-amerikanischen Regierungen am 5.7.1945 angesehen, allerdings wurden die Organe der späteren Volksrepublik Polen von der Sowjetunion bereits am 24.6.1944 als offizielle Vertretung Polens anerkannt. Der Präsident der polnischen Exilregierung in London, Ryszard Kaczorowski, übergab am 22.12.1990 als letztem, symbolischem Akt der Zweiten Polnischen Republik deren Insignien an den damaligen polnischen Präsidenten in Warschau, Lech Wałęsa.

. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs in Europa existierte Polen als flächenmäßig großer Staat und wichtiger politischer Akteur in Ostmitteleuropa. Politisch stand das Land eng an der Seite der beiden Entente-Mächte Frankreich und Großbritannien – nach 1918 Träger der Versailler Friedensordnung und die wichtigsten Kolonialmächte der Zeit. Im Verlauf der etwas mehr als zwei Jahrzehnte der Zweiten Polnischen Republik entwickelte sich eine innenpolitische Bewegung, die Kolonien für Polen forderte, unter anderem um den vielen Auswanderern aus den vor allem agrarisch geprägten Gebieten des Landes ein Ziel zu bieten.
Die polnische Kolonialbewegung
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Bereits wenige Tage vor der Entstehung der Republik am 7. Oktober 1918 gründeten 25 Männer die Organisation Polnische Flagge (Polska Bandera). Sie wollten die Bedeutung der Meere sowie der maritimen Navigation sowohl auf Binnengewässern als auch auf hoher See in Polen populär machen und als allgemein anerkanntes „nationales Interesse“ etablieren. Die Organisation wechselte mehrmals den Namen und 1924 entstand daraus die See- und Flussliga (Liga Morska i Rzeczna). Bei einem Kongress im südpolnischen 
Katowice
deu. Kattowitz, pol. Stalinogród, deu. Katowicze

Kattowitz (Bevölkerungszahl 2023: 279.190) ist die größte Stadt Oberschlesiens und die Hauptstadt der Woiwodschaft Schlesien im Süden Polens. Das 1598 erstmals erwähnte Dorf Katowice entwickelte sich an einem Hammerwerk. Grundlage für die Entwicklung des Ortes waren Vorkommen von Eisenerz und Steinkohle, den entscheidenden Aufschwung brachte jedoch die 1846 erstellte Eisenbahnverbindung, die zunächst das Oberschlesische Industrierevier über Kattowitz mit Berlin verband und den Transport auch von Kohle und Stahlprodukten aus der Umgebung zu den entfernten Absatzmärkten ermöglichte. Das rasante Bevölkerungswachstum des Ortes führte 1865 zur Verleihung der Stadtrechte.

Auch aufgrund der Lage in der Nähe der Grenzen Preußens zu Russland und Österreich-Ungarn entwickelte sich Kattowitz schnell zu einem internationalen Verkehrskoten. Nach der Teilung Oberschlesiens zwischen Deutschland und dem wiederhergestellten polnischen Staat stieg Kattowitz 1922 zur Hauptstadt der Woiwodschaft Schlesien auf. Sie galt als ein wichtiges Zentrum der deutschen Kultur im polnischen Ostoberschlesien, und gleichzeitig als Stätte des Aufbaus einer polnischen Kulturtradition mit modernen Tendenzen, die sich auch im Städtebau manifestierten. Nach dem deutschen Überfall 1939 wurde Kattowitz 1941 Hauptstadt des neugegründeten Gaus Oberschlesien. 1945 wurde ein wesentlicher Teil des Stadtzentrums zerstört, hauptsächlich im Zuge der Befreiungsaktion der sowjetischen Truppen. Nach dem Krieg wurden von den polnischen Behörden die meisten Einwohner:innen nach Deutschland vertrieben, die keinen Nachweis über ihre polnische Herkunft erbringen konnten. Kattowitz baute seine Rolle als multifunktionales Zentrum weiter aus, wobei vor allem die 1970er Jahre ausschlaggebend waren.

 im Oktober 1928 einigten sich die angereisten Vertreter darauf, den Erwerb von Kolonien für Polen zu fordern. Lange Zeit blieb die Kolonialbewegung jedoch zahlenmäßig klein. Ende der 1920er Jahre hatten sich bereits mehrere Kolonialgesellschaften gegründet, wie das 1924 durch Ökonomen und Adlige etablierte Polnisch-Amerikanische Kolonisationssyndikat.1 Hinzu kam die Union der kolonialen Pioniere, die ebenfalls den Erwerb von Überseegebieten forderte.2 Im Umfeld des Kolonisationssyndikats entstand zum Beispiel die Idee für eine Kolonie in einem südamerikanischen Land. Im südbrasilianischen Bundesstaat 
Paraná

Paraná ist ein Bundesstaat im Süden von Brasilien. Er erstreckt sich von den Grenzen zu Paraguay und Argentinien im Westen bis an den schmalen Küstenstreifen am Atlantik im Osten. Sein Name ist abgeleitet vom gleichnamigen Fluss, der die westliche Grenze des Bundesstaates bildet. Bis 1853 wurde aus dem südlichen Teil der Provinz São Paulo die Provinz Paraná ausgegliedert, die wie alle anderen Provinzen 1889 zum Bundestaat erhoben wurde. 1943-1946 gehörte sein Ostteil dem kurzlebigen Bundesterritorium Iguaçu. Die Hauptstadt von Paraná ist Curitiba. Im 19. Jahrhundert siedelten insbesondere im Küstenbereich des Bundestaates zahlreiche Einwanderer aus Italien, Polen, Deutschland, Russland und der Ukraine.

 gab es seit dem Ende des 19. Jahrhunderts eine größere polnische Diaspora.
Liberia als koloniales Ziel Polens
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Zum Fixpunkt des ambitioniertesten polnischen Kolonialprojektes avancierte das westafrikanische Land 
Liberia
deu. Republik Liberien, deu. Republik Liberia, eng. Republic of Liberia, eng. Liberia, deu. Liberien

Die Republik Liberia ist ein westafrikanischer Staat (Bevölkerungszahl 2022: 5.250.127), der zwischen der Atlantikküste im Westen und Sierra Leone im Norden, Guinea im Nordosten sowie der Elfenbeinküste im Osten liegt. Das heutige Staatsgebiet diente seit dem 13. Jahrhundert als Rückzugsraum für Flüchtlinge aus den sich gegenseitig bekämpfenden Reichen am Niger. Seit den Erkundungsfahrten der Portugiesen im späten 15. Jahrhundert war der Küstenbereich von heutigen Liberia als Guinea-, später auch als Pfefferküste bekannt. Ab ca. 1820 kaufte die von weißen US-Amerikanern geführte American Colonization Society den Küstenstreifen und gründete dort mehrere Ansiedlungen, um dort freigelassene Sklaven aus den Vereinigten Staaten anzusiedeln und als billige Arbeitskräfte anzusetzen. Doch dieses Vorhaben scheiterte, und die ehemaligen Sklaven etablierten ein auf Zwangsarbeit basierendes, repressives Regierungssystem. Ab 1839 bildeten die meisten dieser Kolonien den Staat Liberia, als letzte wurde 1857 die Republik Maryland in Liberia eingegliedert. Erst 1907 erhielt ein Teil der nicht von den ehemaligen US-Sklaven abstammenden, männlichen Bevölkerung das Wahlrecht. 1847 erklärte Liberia seine Unabhängigkeit, womit es zu den wenigen damals unabhängigen Staaten auf dem Kontinent zählte. Die USA erkannten dies jedoch erst 1862 an, lange nach zahlreichen europäischen Staaten.

Dem nach wie vor starken Einfluss der USA ist zu verdanken, dass Liberia nach der Berliner Kongokonferenz 1884/1885 nur Teile des Landes an Frankreich abtreten musste (Teile des ehemaligen Maryland in Liberia, die heute zur Elfenbeinküste gehören). Durch die langjährige Verpachtung großflächiger Landesteile für den Kautschukanbau an US-amerikanische Konzerne entstand eine starke wirtschaftliche Abhängigkeit Liberias von den USA und ihren Chemiekonzernen (vor allem Reifenherstellern) einerseits und der Kautschukwirtschaft andererseits. Nach den Jahren der politischen Instabilität ab 1979, und vor allem des Militärputschs von 1980 und des Bürgerkriegs 1989-2003 wurde die Demokratie in Liberia wiederhergestellt. 2006-2018 wurde das Land von der Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf regiert, der ersten frei an die Spitze eines afrikanischen Landes gewählten Frau. Inzwischen spielen neben dem Kautschukanbau auch die Holzwirtschaft und der Diamantenabbau eine zunehmende Rolle für die Wirtschaft des Landes.

. Befreite nordamerikanische Sklaven hatten diese Republik 1847 gegründet. Eine US-amerikanisch geprägte Elite dominierte daraufhin die Politik des Landes für nahezu anderthalb Jahrhunderte. Die liberianische Verfassung kombinierte Elemente der Konstitutionen der USA und der von Massachusetts, sogar die Fahne lehnte sich an das US-Pendant an. Die langjährige Regierungspartei Liberias war die True Whig Party, die ihren Namen von der US-amerikanischen Whig Party übernahm. Nach dem Ersten Weltkrieg konkurrierten in Liberia vor allem Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA um Einfluss.3 Im Jahr 1929 geriet Liberia in die internationalen Schlagzeilen, nachdem bekannt wurde, dass liberianische Offizielle von der Verschiffung von Zwangsarbeitern in die spanische Kolonie 
Fernando Póo
eng. Fernando Po, spa. Fernando Poo, nld. Fernando Pó, nld. Fernando Poo

Fernando Póo war eine spanische Kolonie auf der gleichnamigen Insel (heute Bioko), umfasste jedoch auch umliegende Inseln. Sie wurde nach dem portugiesischen Seefahrer Fernão do Pó benannt. Nach früheren, gescheiterten Kolonialisierungsversuchen, auch seitens Portugals, Großbritanniens und der Niederlande, und dem Abtritt der Insel durch den portugiesischen König 1778 an Spanien, begann Letzteres ab den 1860er Jahren eine Unterwerfung der ansässigen Bevölkerung und brachte die Insel erst 1904 vollständig unter ihre Kontrolle. 1778-1780 hieß die Kolonie offiziell "Gouvernement Fernando Poo und Annobón". 1909 war Fernando Póo mit benachbarten Inseln und dem nahen Festlandgebiet Rio Muni (heute: Mbini) zu den sog. "Spanischen Gebieten im Golf von Guinea" (Territorios Españoles del Golfo de Guinea) zusammengefasst worden (ab 1926 setzte sich der Name Spanisch-Guinea durch). 1956 wurde Spanisch-Guinea - im Zuge der Umwandlung der Kolonien in Provinzen - zunächst in "Provinz Golf von Guinea" (Provincia del Golfo de Guinea) umbenannt, 1959 spaltete sich davon Fernando Póo als eigene Provinz ab. 1963 wurden die beiden Provinzen zum Territorium Äquatorialguinea wiedervereinigt und erhielten bald eine innere Autonomie. 1968 wurde schließlich Äquatorialguinea in die Unabhängigkeit entlassen.

 (heute Äquatorialguinea) profitierten. Die Regierung in 
Monrovia

Monrovia (Bevölkerungszahl 2022: 1.761.032) ist die Hauptstadt Liberias in Westafrika. Die Stadt liegt am Kap Mesurado an der Atlantikküste. Der Ort wurde 1822 als Christopolis gegründet und 1824 zu Ehren des damaligen US-Präsidenten James Monroe auf den heutigen Namen umbenannt. Die Siedlung wurde nach dem Muster US-amerikanischen Städte angelegt. Das rasche Bevölkerungswachstum führte zur Ausbreitung der Stadtbebauung in die Mangrovengebiete, wo v. a. illegale Slumgebiete entstanden. Trotz der Zerstörung während der beiden Bürgerkriege im Land (1989-1997 und 1999-2003) bleibt die Stadt das wirtschaftliche, finanzielle und kulturelle Zentrum Liberiens, wobei dem Seehafen eine herausragende Rolle zukommt.

 wies die Beschuldigungen zurück und lud eine Kommission des Völkerbundes zu Ermittlungen ein. Das westafrikanische Land gehörte dieser internationalen Organisation seit ihrer Gründung im Jahr 1920 an. Im September 1930 veröffentlichte die Kommission des Völkerbundes ihren Bericht, der bestätigte, dass es Zwangsarbeit und Deportationen gab. Der damalige liberianische Präsident Charles D. B. King Charles D. B. King Charles D. B. King (1875–1961) war ein liberianischer Politiker der True Whig Party. Er amtierte von 1920 bis 1930 als der 17. Präsident seines Landes. trat daraufhin zurück. Außenminister Edwin Barclay Edwin Barclay Edwin Barclay (1882–1955) war ein liberianischer Politiker (True Whig Party). Er war von 1930 bis 1944 Staatspräsident Liberias. stieg zum neuen Staatsoberhaupt auf, die britische und die US-amerikanische Regierung verweigerten ihm jedoch die Anerkennung.
Im Völkerbundsrat fiel dem polnischen Außenminister August Zaleski August Zaleski August Zaleski  (1883–1972) war ein polnischer Diplomat und Politiker. Von 1926 bis 1932 amtierte er als Außenminister Polens. die Aufgabe zu, Reformvorschläge für Liberia zu entwickeln.4 Der erfahrene Diplomat empfahl eine achtköpfige Kommission mit Vertretern u.a. aus Deutschland, Großbritannien und Polen zur Entwicklung einer Verwaltungsreform und Finanzhilfen für Liberia.5 In diesem Zusammenhang freundete sich der polnische Vertreter Edward Raczyński Edward Raczyński Edward Raczyński (1891–1993) war ein polnischer Diplomat und Politiker. In den Jahren 1932 bis 1934 diente er als der polnische Botschafter beim Völkerbund. mit seinem liberianischen Kollegen in Genf an und agierte fortan sehr liberiafreundlich.
Das britische Dominion Office, zuständig für die sich selbst verwaltenden britischen Siedlerkolonien in Nordamerika, Südafrika, Australien und Ozeanien, schlug 1933 vor, dass eine äußere Macht Liberia als Mandatsgebiet erhalten könnte, sollten die Neuverhandlung der liberianischen Außenschulden scheitern.6 Diese Mandatsgebiete waren keine klassischen Kolonien, sondern übertrugen einer Kolonialmacht die Verwaltung von Ländern des Globalen Südens im Auftrag des Völkerbundes. Die Kategorien der A-, B- und C-Mandate unterschieden dabei den Grad der Autonomie. Im Oktober 1933 präsentierte das Acht-Personen-Komitee einen „Hilfsplan“, der faktisch die Errichtung eines Mandats vorsah.7 Die Regierung Barclay fürchtete um die Unabhängigkeit des Landes, lehnte den Vorschlag ab und verhandelte fortan mit verschiedenen Mächten, um die eigene Unabhängigkeit zu sichern.
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Die Ablehnung der Regierung Barclay sorgte für Unmut in Genf. Bei einem informellen Treffen von Vertretern Frankreichs, Großbritanniens, Polens und der USA stimmten diese überein, dass ein Ausschluss Liberias aus dem Völkerbund „äußerst wünschenswert“, die dafür notwendige Zustimmung des Völkerbundrates jedoch unrealistisch sei.8 An diesem Treffen nahmen polnische Vertreter gleichberechtigt neben denen der Großmächte teil, obwohl die Rolle Polens in Liberia bis dahin minimal war.
Im Frühjahr 1934 unterzeichneten polnische auf der einen und liberianische Vertreter auf der anderen Seite eine Reihe von Verträgen. So sicherten sich polnische Geschäftsmänner einige Exportaufträge in Liberia und kauften Rohstoffe aus dem westafrikanischen Land ein. Der liberianische Außenminister schloss außerdem einen Vertrag mit Mitgliedern der Polnischen Maritim- und Kolonialliga, wie sich die See- und Flussliga seit 1930 nannte. In diesem sicherte die Regierung in Monrovia zu, polnische Berater anzuheuern, verpachtete Land an polnische Siedler und sagte polnischen Unternehmen Sonderrechte beim Verkauf von Salz, Ölen und Zucker zu. Nachdem verschiedene Projekte in portugiesischen und französischen Kolonien gescheitert waren, konzentrierte sich die Liga fortan auf Liberia.
Die polnischen Kolonialbestrebungen aus britischer Perspektive
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Im August 1934 erfuhr die britische Gesandtschaft in Monrovia von einem Plan der liberianischen Regierung zur Reform des eigenen Regierungswesens. Demnach sollte eine sechsköpfige Kommission die Administration beraten, wobei zwei der Berater aus Polen kamen. Dr. Jerzy Wincenty Babecki Jerzy Wincenty Babecki Wincenty Jerzy Babecki (genannt „Badecki”, 1890–1980) war ein polnischer Arzt und Offizier. 1934 und 1935 diente er als polnischer Berater der Regierung Liberias. bekam demnach die Zuständigkeit des Gesundheitswesens und sein Landsmann Tadeusz Brudzinski Tadeusz Brudzinski Tadeusz Brudziński (1902–1960) war ein polnischer Ingenieur und Offizier. Von 1934 bis 1937 diente er in Liberia als Berater der dortigen Regierung. verantwortete die Landwirtschaft.9 Ein Mitarbeiter des britischen Außenministeriums notierte auf einer Akte, dass der neue liberianische Präsident Barclay „schwer ernst zu nehmen“ sei, wenn er glaube, mit diesem Plan Erfolg zu haben.10
 
Von Anfang an verfolgten die Briten das polnische Engagement in Liberia kritisch. Obwohl Polen nach dem Ersten Weltkrieg als ein mit Großbritannien verbündeter Staat entstand, dominierte im Londoner Foreign Office lange Zeit ein negatives Polenbild. Das hatte viele Gründe, unter anderem eine allgemeine Slawophobie und eine Ablehnung der 
Warszawa
deu. Warschau, eng. Warsaw, deu. Warszowa, deu. Warszewa, yid. Varše, yid. וואַרשע, rus. Варшава, rus. Varšava

Warschau ist die Hauptstadt Polens und zugleich die größte Stadt des Landes (Bevölkerungszahl 2022: 1.861.975). Sie liegt in der Woiwodschaft Masowien an Polens längstem Fluss, der Weichsel. Warschau wurde erstmals Ende des 16. Jahrhunderts Hauptstadt der polnisch-litauischen Adelsrepublik und löste damit Krakau ab, das zuvor polnische Hauptstadt gewesen war. Im Rahmen der Teilungen Polen-Litauens wurde Warschau mehrfach besetzt und schließlich für elf Jahre Teil der preußischen Provinz Südpreußen. Von 1807 bis 1815 war die Stadt Hauptstadt des Herzogtums Warschau, einem kurzlebigen napoleonischen Satellitenstaat; im Anschluss des Königreichs Polen unter russischer Oberherrschaft (dem sog. Kongresspolen). Erst mit Gründung der Zweiten Polnischen Republik nach Ende des Ersten Weltkriegs war Warschau wieder Hauptstadt eines unabhängigen polnischen Staates.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Warschau erst nach intensiven Kämpfen und einer mehrwöchigen Belagerung von der Wehrmacht erobert und besetzt. Schon dabei fand eine fünfstellige Zahl an Einwohnern den Tod und wurden Teile der nicht zuletzt für seine zahlreichen barocken Paläste und Parkanlagen bekannten Stadt bereits schwer beschädigt. Im Rahmen der anschließenden Unterdrückung, Verfolgung und Ermordung der polnischen und jüdischen Bevölkerung wurde mit dem Warschauer Ghetto das mit Abstand größte jüdische Ghetto unter deutscher Besatzung errichtet, das als Sammellager für mehrere hunderttausend Menschen aus Stadt, Umland und selbst dem besetzten Ausland diente und zugleich Ausgangspunkt für die Deportation in Arbeits- und Vernichtungslager war.

Infolge des Aufstandes im Warschauer Ghetto ab dem 18. April 1943 und dessen Niederschlagung Anfang Mai 1943 wurde das Ghettogebiet systematisch zerstört und seine letzten Bewohner verschleppt und ermordet. Im Sommer 1944 folgte der zwei Monate dauernde Warschauer Aufstand gegen die deutsche Besatzung, in dessen Folge fast zweihunderttausend Polen ums Leben kamen und nach dessen Niederschlagung auch das restliche Stadtgebiet Warschaus von deutschen Einheiten weitgehend und planmäßig zerstört wurde.

In der Nachkriegszeit wurden zahlreiche historische Gebäude und Teile der Innenstadt, darunter das Warschauer Königsschloss und die Altstadt, wiederaufgebaut - ein Prozess, der bis heute andauert.

 Eroberungen im  Polnisch-Sowjetischen Krieg
Polnisch-Sowjetischer Krieg
auch:
Sowjetisch-Polnischer Krieg, Bolschewistischer Krieg, Krieg gegen Weiß-Polen, Polnisch-Russischer Krieg
Der polnisch-sowjetische Krieg fand zwischen 1919 und 1921 statt, dem Einfall Polens in die Sowjetunion ging eine Gruppenkonzentration an der Grenze auf Seiten der Sowjetunion voraus. In der Retrospektive erscheint der Krieg als Fortsetzung des Ersten Weltkriegs und seiner Bestimmungen in den Pariser Vorortverträgen. Anfangs konnte die neuerrichtete Republik Polen (gegründet 1918) große Gebietsgewinne erreichen, wurde dann aber vom sowjetischen Militär bis nach Warschau zurückgedrängt. Die Schlacht um Warschau geriet zum Fiasko für die sowjetische Militärführung, sodass Friedensverhandlungen aufgenommen wurden. Die Verhandlungen führten zu eine stabilen polnisch-sowjetischen Grenze bis 1939.
. Ashley Clarke Ashley Clarke Ashley Clarke (1903–1994) war ein britischer Diplomat. von der britischen Vertretung beim Völkerbund meldete im Herbst 1934 nach London, dass Babecki und Brudzinski nicht im Auftrag der Warschauer Regierung agierten, sondern für die Maritim- und Kolonialliga arbeiteten. Die polnische Regierung sah die Aktivitäten der Liga aber positiv.11
 
Zu dem offiziösen Engagement gesellte sich die offizielle Diplomatie: Der britische Gesandte in Monrovia meldete im Januar 1935 nach London, dass ein polnischer Karrierediplomat den Posten des ersten Konsuls seines Landes in Liberia übernähme. Bis dahin hatte der französische Vertreter vor Ort die Polen vertreten. Mit der Entsendung eines eigenen Diplomaten agierten die Polen in Liberia fortan eigenständiger.
Im Frühjahr 1935 unternahm der polnische Frachter Poznań eine Jungfernfahrt nach Westafrika, um neue Absatzmärkte für Produkte aus Polen zu erkunden. Gegenwind gab es von einem britischen Unternehmer: Der Reeder Elder Dempster telegraphierte an seine Firmenbüros, dass die Poznań ein Piratenschiff und zu boykottieren sei.12 Kurz nach Ankunft des polnischen Konsuls erreichte das Schiff Monrovia und entlud 45 Tonnen Güter. Angeblich mussten die Polen dafür keine Importzölle zahlen und genossen somit einen Vorteil gegenüber der internationalen Konkurrenz.13 Trotz dieser Bevorteilung brachte die Fahrt jedoch nicht die erhofften Ergebnisse.14
Zu den Beratertätigkeiten und dem wirtschaftlichen Engagement kam noch ein typisches Siedlungsprojekt hinzu: Der britische Gesandte Yapp Yapp A. E. Yapp (Lebensdaten unbekannt) war der britische diplomatische Vertreter in der liberianischen Hauptstadt Monrovia. vermeldete ein halbes Jahr später aus Monrovia, dass polnische Kolonisatoren 700 Hektar Land übernommen hatten und auf diesen Flächen Castorbohnen und Kakao anpflanzten. Die Siedlung sei in einem „embryonalen Status“, doch die Kolonie genieße „ein gewisses Maß an offizieller Unterstützung“ aus Warschau.15
 
In der britischen Wahrnehmung hatte das polnische Engagement in dem westafrikanischen Land schon seinen Zenit erreicht: In seinem Jahresbericht für das Jahr 1936 schrieb Yapp, dass es noch ein Jahr zuvor so ausgesehen hätte, dass die polnisch-liberianischen Beziehungen in einem „beunruhigenden Ausmaß“ anwuchsen. Für das Jahr 1936 analysierte Yapp im darauffolgenden Jahr jedoch, dass der polnische Einfluss eingebrochen sei, Polen nur noch eine untergeordnete Rolle in dem Land spiele. Die Plantagen entwickelten sich demnach nur langsam und ein „fehlender Enthusiasmus“ von Seiten der Regierungen in Monrovia und Warschau würde nicht dabei helfen, den polnischen Einfluss in Liberia auszubauen. Die Beziehungen beider Länder seien „im Sterben liegend“.16
Die Rückkehr der USA in den Wettlauf um Liberia und das Ende der polnischen Kolonialpläne
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Darüber hinaus bekam Polen im Sommer 1936 Gegenwind aus der US-amerikanischen Presse sowie aus Medien verschiedener afrikanischer Kolonien. In einer Reihe von Artikeln hieß es, die polnische Regierung plane, Liberia zu annektieren. In einigen der Artikel insinuierten Journalisten, dass dies ein deutsch-polnisches Projekt sei.17 In Liberia hatten derweil die USA wieder eine aktivere Rolle in ihrer informellen Kolonie eingenommen. Im Sommer 1935 stimmte das liberianische Parlament einem neuen US-Kreditabkommen zu, die Washingtoner Regierung erkannte Barclay als Staatsoberhaupt an und gratulierte zu dem neuen Vertrag mit den US-Banken. Im Frühjahr 1936 ernannte dann die Regierung Barclay eine neue Beratergruppe – alle ausländischen Experten bis auf einen waren US-Amerikaner. Lediglich der polnische Arzt Ludwik Anigstein Ludwik Anigstein Ludwik Anigstein (1891–1975) war ein polnischer (und später US-amerikanischer) Mediziner. Der Fokus seiner Arbeit war Tropenmedizin. Mitte der 1930er Jahre arbeitete er mehrere Jahre als Berater der liberianischen Regierung. behielt seinen Posten als Medizinexperte.18 Die folgenden drei Jahre schrumpfte das polnische Engagement immer weiter und kam zu einem Ende. Im Frühjahr 1939 schloss das polnische Konsulat und im Sommer desselben Jahres verließen die letzten Siedler das westafrikanische Land.19
 
Das polnische Kolonialengagement in Liberia zeigt, wie auch die jungen Staaten Ostmitteleuropas sich in einer „weiterhin kolonialen Welt“20 nach dem Ersten Weltkrieg integrierten: Für führende Vertreter der politischen Elite Polens schloss die Nationalstaatswerdung und Rolle einer mittelgroßen Macht den Erwerb von Kolonien mit ein. Das Streben nach eigener staatlicher Unabhängigkeit schloss dabei nicht aus, nicht-europäischen Staaten die Eigenständigkeit streitig zu machen. Ohne Unterstützung aus London waren diese Ambitionen im Fall Liberias aber von Anfang an aussichtslos. In der britischen politischen Elite überwog damals die Überzeugung, dass das britische Empire der Gipfel der Zivilisation sei. Koloniale Projekte von Dominions wie Australien und Südafrika unterstützen Politiker und Geschäftsleute in London einhellig. Doch schon bei Annektionen der USA im Pazifik zeigte man sich in Großbritannien reserviert. Eine Unterstützung polnischer Kolonialambitionen war aufgrund der komplizierten britisch-polnischen Beziehungen äußerst unrealistisch.

Siehe auch