Kinder- und Jugendbüchern kommt eine besondere Rolle in der Identitätsfindung ihrer jungen Leser:innen zu. Das Beispiel Kasachstans zeigt, wie sich gerade in fantastischen und märchenhaften Werken positive gesellschaftliche Visionen für ein Land und seine diverse Gesellschaft entwerfen und vermitteln lassen.
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Die meisten im deutschsprachigen Raum aufgewachsenen Leser:innen haben das Zitat im Titel sicherlich sofort erkannt. Es entstammt der deutschen Nachdichtung des Titellieds der Pippi-Langstrumpf-Serie, die ab 1971 im deutschen Fernsehen zu sehen war. 
 
Astrid Lindgrens Kultfigur zeigt, was Kinderliteratur und ihre Adaptionen zu leisten vermögen: Sie können Gegenentwürfe zu den in einer Gesellschaft vorherrschenden Vorstellungen von Kindheit und dem Zusammenleben in einer Gemeinschaft machen, die Leser:innen mitunter langfristig im Gedächtnis bleiben, wenn nicht sogar prägen. Gerade in der Kinderliteratur sind der Fantasie dabei kaum Grenzen gesetzt. Lindgrens starke und unabhängige Heldin, die das Recht auf kindliche Autonomie wie wenige andere literarische Figuren verkörpert, führt uns all das auch Jahrzehnte nach ihrer Erfindung noch vor Augen. Kasachstans kinderliterarische Autor:innen machen sich diese Besonderheiten der Kinderliteratur zunutze, wenn sie in ihren fantastischen und märchenhaften Texten ihre Visionen eines multikulturellen und toleranten Landes entwerfen, das  Kasachstaner:innen
Kasachstaner:innen
Als Kasachstaner:innen werden alle Staatsbürger:innen Kasachstans bezeichnet. Der Terminus Kasach:innen bezeichnet hingegen nur Menschen, die ihre Ethnizität als kasachisch definieren. Bis heute ist die größte Republik Zentralasiens ein Vielvölkerstaat, in dem neben der kasachischen Titularnation Angehörige von über 120 ethnischen Minderheiten leben.
 gleich welcher Herkunft eine Heimat bietet.
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Nach dem Zusammenbruch der 
Sowjetunion
eng. Soviet Union, deu. Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, rus. Sovetskiy Soyuz, rus. Советский Союз, . Совет Ушем, . Советонь Соткс, rus. Sovetskij Soûz, . Советий Союз, yid. ראַטן־פֿאַרבאַנד, yid. סאוועטן פארבאנד, yid. sovətn farband, yid. sovʿtn-farband, yid. sovətn-farband, . Советтер Союзу, . Совет Союзы, deu. Советий Союз, . Советон Цæдис, . Совет Эвилели

Die Sowjetunion (SU oder UdSSR) war ein von 1922 bis 1991 bestehender Staat in Osteuropa, Zentral- und Nordasien. Sie ist aus dem sog. Sowjetrussland hervorgegangen, dem Nachfolgestaat des Russländischen Kaiserreichs. Den Kern der Union und zugleich ihren größten Teil bildete die Russische Sowjetrepublik, hinzu kamen weitere Teilrepubliken. Ihre Zahl variiert über die Zeit hinweg und steht im Zusammenhang mit der Besatzung anderer Länder (Estland, Lettland, Litauen), nur kurzzeitig bestehenden Sowjetrepubliken (Karelo-Finnland) oder mit der Teilung bzw. Zusammenlegung von Sowjetrepubliken. Zusätzlich gab es zahlreiche autonome Republiken oder sonstige Gebietseinheiten mit einem Autonomiestatus, der sich im Wesentlichen auf eine sprachliche Autonomie der Minderheiten beschränkte.

Die UdSSR bestand vor ihrer formellen Auflösung aus 15 Sowjetrepubliken mit einer Bevölkerung von ungefähr 290 Millionen Menschen. Mit ca. 22,4 Millionen km² bildete sie den damals größten Flächenstaat der Welt. Die Sowjetunion war eine sozialistische Räterepublik mit einem Einparteiensystem und einer fehlenden Gewaltenteilung.

 und dem Wegfall der kommunistischen Staatsideologie stand 
Kasachstan
eng. Kazakhstan, rus. Kazakhstan, rus. Казахстан, kaz. Қазақстан, kaz. Qazaqstan

Kasachstan ist ein Binnenstaat in Zentralasien. Nur-Sultan ist die Hauptstadt des von ungefähr 18,8 Millionen Menschen bewohnten Landes. Das Land liegt am Kaspischen Meer und ist seit 1991 unabhängig. Die Geschichte des Landes ist geprägt von verschiedenen Dynastien, die bis ins 18. Jahrhundert Khanate auf dem Gebiet des Landes gründeten, bis das Land im 19. Jahrhundert formell durch das russische Zarenreich regiert wurde. Von 1936 bis 1991 war Kasachstan Teil der Sowjetunion.

 wie die anderen unabhängig gewordenen Staaten des sozialistischen Blocks vor der Herausforderung, die einstigen, vom Staat aufgezwungenen Identitätsmuster des russisch sprechenden „Sowjetmenschen“ zu überdenken und Identitätsangebote zu entwickeln, die Zugehörigkeiten zu den neu geschaffenen Gemeinschaften ermöglichten. Anders als andere Länder setzte Kasachstan dabei nicht auf rein ethno-nationale Angebote. Unter der autoritären Führung von Nursultan Nasarbajew Nursultan Nasarbajew Nursultan Nasarbajew (geb. 1940) stieg bereits in sowjetischer Zeit zum mächtigsten Politiker Kasachstans auf und war von 1990 bis 2019 autoritär agierender Präsident des Landes. Seine Amtszeit war unter anderem geprägt von der Unterdrückung der Opposition, gleichgeschalteten Medien, Vetternwirtschaft und einem Kult um die eigene Person. Nach seinem Rücktritt als Präsident im Jahr 2019 war er noch bis 2022 Vorsitzender des Sicherheitsrates Kasachstans. proklamierte die kasachstanische Elite vielmehr das Bild einer stabilen multiethnischen Gemeinschaft, die friedlich zusammenlebe, solange sie die Regierung nicht in Frage stelle. Dafür schuf der Staat Institutionen und Gesetze, die die Rechte aller Staatsbürger:innen Kasachstans unabhängig von ihrer Herkunft schützen sollten. Allerdings zeigen Studien, dass es neben der progressiven Nationsbildungsstrategie, die Staatsbürgerschaft und nicht ethnische Herkunft zur Teilhabegrundlage macht, eine von der nicht-kasachischen Bevölkerung Kasachstans kaum wahrgenommene ethnonationale Agenda gibt, die Bürger:innen kasachischer Herkunft bevorzugt.
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Seit etwa 10 Jahren versuchen kasachstanische Kinderbuchautor:innen mit ihren Texten die staatsbürgerschaftliche Identität in Kasachstan zu stärken. Den Auftakt machte dabei ein Fantasy-Roman, der 2014 erschien: Auf der Suche nach dem goldenen Kelch. Die Abenteuer von Batu und seinen Freunden Auf der Suche nach dem goldenen Kelch. Die Abenteuer von Batu und seinen Freunden Das Buch liegt seit 2023 unter dem Titel "Batu and the Search for the Golden Cup" in englischer Übersetzung von Shelley Fairweather-Vega vor. . In dem Buch erzählt das Autorinnenduo Sira Naursbajewa und Lilja Kalaus die Geschichte von Batu, der das Leben eines ganz normalen Jungen in Almaty führt, bis er Aspara begegnet, einem adeligen Krieger aus der Vergangenheit. Aspara ist auf der Suche nach dem Goldenen Kelch, dessen magische Kräfte dafür sorgten, dass diejenigen, die aus ihm tranken, nicht mehr lügen konnten. In einer für das Fantasy-Genre typischen  Quest
Quest
Als Quest wird eine Form literarischer Heldenreise bezeichnet, die vor allem für die mittelalterliche Artusepik zentral war, bis heute jedoch ein wichtiges narratives Element beispielsweise der Fantasy- oder der Science-Fiction-Literatur ist. Schon im Mittelalter steht bei der Quest eine ehrenhafte Suchmission im Mittelpunkt, in deren Verlauf eine Vielzahl von Abenteuern, Hindernissen und persönlichen Prüfungen bewältigt werden muss. Ziel der meist mit zahlreichen Rückschlägen verbundenen Suche ist vordergründig das Auffinden eines Gegenstandes oder Schatzes, teils auch von vermissten Personen. Mit dieser Suche verbunden ist zugleich jedoch die Weiterentwicklung des Helden oder der Heldin selbst, der bzw. die in ihrem Verlauf zumeist auch eine innere Läuterung und einen charakterlichen Reifeprozess durchläuft.
 reisen Aspara und Batu, begleitet von dessen Freunden, durch die mythische und historische Vergangenheit Kasachstans, um den Kelch wiederzufinden. Dabei kämpfen sie nicht nur gegen Fabelwesen der kasachischen Mythologie, sondern auch gegen Verbrecher aus der jüngeren, das heißt insbesondere sowjetischen Geschichte des Landes. Diese wollen mit allen Mitteln verhindern, dass ihre über Jahrzehnte verbreiteten Lügen ans Licht kommen.
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Der Roman orientiert sich stark an den Konventionen des Fantasy-Genres und wurde häufig als kasachstanischer Harry Potter gelesen. Für Kasachstan bahnbrechend neu sind der Handlungsort und die Gestaltung der Charaktere: Batu spielt in Kasachstan und zeigt in dem in der Gegenwart spielenden Handlungsstrang Orte, die vielen kasachstanischen Leser:innen aus ihrem Alltag bekannt sind. Auch in den Held:innen des Texts können sich kasachstanische Kinder wiederfinden: Sie entstammen kasachischen und russischen Familien und bilden damit zumindest einen kleinen Teil der multiethnischen Gesellschaft Kasachstans ab. Zuvor hießen die importierten kinderliterarischen Held:innen Denis Denis Gemeint ist der Held aus Viktor Dragunskis sowjetischem Kinderklassiker Denis, der fröhliche Spinner. Der deutsche Titelzusatz existiert im russischen Original nicht, der übersetzte Originaltitel lautet „Denis’ Erzählungen“. oder Pippi und erlebten ihre Abenteuer in Moskau, der schwedischen Provinz und der Südsee. Natürlich fehlt es auch kasachstanischen Kindern nicht an Fantasie, sodass sie sich mit den oftmals zeitlosen Protagonist:innen kinderliterarischer Klassiker identifizierten. Literarische Figuren angeboten zu bekommen, die jenseits des Fantastischen der eigenen Lebensrealität entsprechen, eröffnet den kindlichen Leser:innen jedoch zusätzliche Möglichkeiten der Identifikation, gerade wenn es darum geht, kulturspezifische Schwierigkeiten exemplarisch zu durchleben und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
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Am Ende des Texts siegen Batu und seine Freunde im Kampf über das genretypisch recht eindimensional dargestellte Böse. Zum Sieg verhilft ihnen weniger ihr beeindruckendes Waffenarsenal als vielmehr ihr Wissen über die kasach(stan)ische Geschichte und Kultur und das Bewusstsein, gemeinsam stärker zu sein als allein. Den Goldenen Kelch finden die Kinder jedoch nicht – die Suche wird in den Folgebänden fortgesetzt, so wie die Autorinnen ihre Mission für eine offene und tolerante Gesellschaft Kasachstans weiterführen.
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Für eine solche Gesellschaft tritt auch der Autor Jury Serebrjansky ein. 2017 veröffentlichte er die Kunstmärchensammlung Kasachstanische Märchen. Der Band enthält neben den russischen Originaltexten auch deren Übersetzung ins Kasachische, wodurch er Leser:innen der beiden meistgesprochenen Sprachen meistgesprochenen Sprachen Die kasachstanische Verfassung nennt Kasachisch zwar als einzige Amtssprache des Landes (§ 7.1). Die russische Sprache verfügt aber über einen Sonderstatus, infolgedessen sie in staatlichen Institutionen gleichberechtigt mit dem Kasachischen verwendet werden muss (§ 7.2). Im Vielvölkerstaat Kasachstan galt Russisch zudem lange als Sprache der interethnischen Kommunikation. Bei der Volkszählung von 2021 gaben 19,9 Prozent der Befragten an, die kasachische Sprache nicht zu beherrschen. Besonders hoch ist dieser Anteil (75–78 Prozent) unter Menschen russischer, ukrainischer, belarusischer, polnischer und deutscher Herkunft (Agentur für Statistik der Republik Kasachstan 2022: 29). Kasachisch ist dabei keine slawische, sondern eine Turksprache, für die in Kasachstan aber seit 1937 ein kyrillisches Alphabet genutzt wird. Eine Umstellung auf lateinische Buchstaben wurde seit der Unabhängigkeit Kasachstans diskutiert und 2017 beschlossen. Ursprünglich sollte die Umstellung bis 2025 erfolgt sein, inzwischen wurde die Frist auf 2031 verschoben. des Landes zugänglich ist. Anders als Volksmärchen haben Kunstmärchen einen konkreten Autor. Charaktere, Handlungen und Orte sind oft differenzierter ausgearbeitet als in traditionellen Märchen. Sowohl Kunst- als auch klassische Märchen bilden aber soziale Realitäten ab, die durch das Hinzufügen fantastischer Elemente in einen neuen Kontext gestellt werden. Um diesen Kontext zu verstehen, benötigen Leser:innen allerdings kulturelles Hintergrundwissen. Serebrjanskys Kasachstanische Märchen folgen diesem Prinzip. Den Märchen liegen reale Geschehnisse, konkrete Gegenstände und Handlungsorte zu Grunde, die einer kasachstanischen Leserschaft aus ihrem Alltag bekannt sind. Der Autor platziert diese allerdings in eine fiktionale Welt, die er mit fantastischen Elementen anreichert: mit Gottheiten, Zauberei, Tieren und Objekten mit menschlichen Eigenschaften.
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Es sind Momente des Erkennens und Dechiffrierens von Personen und Dingen, Orten und Ereignissen (wen oder was meint der Autor hier, auf was spielt er an?), die die einzelnen Texte des Märchenbands verbinden. Die Märchen schaffen Gemeinschaft:  Alle, die in der Lage sind, den in den Texten angelegten kulturellen Code zu knacken, sind ein Teil davon. Der Autor macht seiner Leserschaft damit ein von ihrer ethnischen Herkunft und ihrer Muttersprache unabhängiges Identitätsangebot. Um Teil der Gemeinschaft zu sein, reicht es aus, mit den kasachstanischen Lebensverhältnissen vertraut zu sein. Natürlich, Kinder mögen nicht immer alle Anspielungen verstehen. Allerdings ist die typische Lesesituation eines Märchenbuchs das Vorlesen: die vorlesende Person kann dem zuhörenden Kind den Kontext erklären. 
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Dabei vermeidet das Buch direkte Anspielungen auf Multiethnizität und Mehrsprachigkeit in Kasachstan. So kommen die meisten menschlichen Charaktere ohne detaillierte Beschreibung ihres Äußeren aus, die einen Anhaltspunkt auf ihre Herkunft geben könnten. Die Leser:innen können sich also eine eigene Vorstellung von ihnen machen. Im Gegensatz dazu steht die Erzählweise des Märchenbands, die sehr wohl auf Kasachstans besondere Geschichte und die daraus hervorgegangene multi-ethnische Zusammensetzung der Gesellschaft verweist. Serebrjansky bringt in den Kasachstanischen Märchen eine Vielzahl von unterschiedlichen Tropen, Motiven und Charakteren zusammen: sie stammen aus europäischen Volksmärchen und Fabeln, aus der griechischen Mythologie, der kasachischen Folklore, der sowjetischen Populärkultur und dem kasachstanischen Alltagsleben. Es ist das vom Autor ausgewählte Märchen-Genre, das es ihm ermöglicht, diese scheinbar disparaten Elemente zu einem neuen Ganzen zu verbinden, was sich wiederum als eine Allegorie auf den kasachstanischen Nationsbildungsprozess lesen lässt. Tatsächlich sagt Serebrjansky im Interview, er hoffe mit seinem Buch „einen bescheidenen Beitrag“ für die Entwicklung einer gemeinsamen kasachstanischen Kultur zu leisten, in der Menschen unterschiedlicher Herkunft „ein tatsächlicher Teil dieses Landes und keine Fremden“ sein könnten. Aufgrund der Zweisprachigkeit des Buches ist diese Botschaft allen Kasachstaner:innen zugänglich und überwindet damit die sprachliche Kluft zwischen russisch- und kasachischsprachigen Leser:innen.
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In den frühen 2020er Jahren erlebt die kasachstanische Kinderliteratur eine wahre Blüte. So hat sich der 2021 gegründete Verlag Tentek ganz der Publikation kasachstanischer Autor:innen verschrieben und fällt besonders mit zweisprachigen Buchausgaben auf. 2022 etwa veröffentlichte Tentek Nuraina Satpajewas Erzählband Alkas Silbertamga. Dort finden sich russisches Original und kasachische Übersetzung auf den jeweils gegenüberliegenden Seiten, jeweils verbunden durch die seitenübergreifenden Illustrationen Ekaterina Bolatowas. Dieses die beiden wichtigsten Sprachen Kasachstans in ein Buch integrierende Publikationsverfahren ermöglicht es sowohl kasachisch- als auch russischsprachigen Kindern, das Buch zu lesen. Die Gemeinschaft, die hier impliziert wird, schließt also niemanden aufgrund seiner Sprachkenntnisse aus.
Auf der Inhaltsebene wird Kasachstans spezielle Sprachsituation in Alkas Silbertamga nicht thematisiert, allerdings kommt der Möglichkeit miteinander kommunizieren zu können, eine besondere Bedeutung zu: Alka, der Held des Buchs, bekommt ein  Silbertamga
Tamga
Ein Tamga ist eine Art Siegel oder Stempel, den eurasische Nomaden als Zeichen der Zugehörigkeit zu einem Stamm oder einem Clan nutzten. Historisch wurde das meist abstrakt gestaltete Symbol auch als Brandzeichen für Vieh verwendet.
 geschenkt, durch das er fortan mit Tieren sprechen kann. In 13 chronologisch geordneten, aber jeweils in sich geschlossenen Erzählungen lernt der Junge die faszinierende Tierwelt seines Heimatlandes kennen, er hilft Tieren in Not und erhält selbst Hilfe von ihnen. Durch die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Tieren Kasachstans – von Kropfgazellen über Flamingos bis hin zu Wölfen – lernt der zuvor eher egozentrische Protagonist, auf die Belange anderer einzugehen. Auch wenn es in dem Text vordergründig um die Kommunikation zwischen Mensch und Tier geht und umweltpädagogische Ansprüche deutlich hervortreten, ist das Plädoyer für eine Gemeinschaft, in der man aktiv miteinander kommuniziert doch offensichtlich.
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Alle drei hier vorgestellten kinderliterarischen Texte konstruieren über das Wissen um eine gemeinsame kasach(stan)ische Geschichte und Kultur, die Heldinnen und Protagonisten mit ihrer Leserschaft teilen, und über die Umwelt, in der sie leben, eine offene und tolerante kasachstanische Gemeinschaft, in der Menschen unterschiedlicher Herkunft friedlich und respektvoll miteinander leben. Wenn sich Kasachstans kinderliterarische Autor:innen die Welt in ihren Texten machen, ‚widdewidde wie sie ihnen gefällt‘, zeigen sie fantastisch abstrahiert, aber mit einer klaren Botschaft, wie ein Zusammenleben in einer so diversen Gesellschaft wie der kasachstanischen möglich wird. Im Fantasieraum der Geschichten für Kinder wird die kasachstanische Gesellschaft als Gemeinschaft vieler unterschiedlicher Menschen also schon vorgedacht. Sie sind eine Absage an kasachisch-nationale, aber auch an russisch-imperiale Ideen russisch-imperiale Ideen Mit Russland teilt sich Kasachstan im Norden eine über 7600 km lange Landgrenze. Trotz massiver Abwanderungen seit der Unabhängigkeit 1991 sind Menschen russischer Herkunft nach wie vor die größte ethnische Minderheit Kasachstans (15,1 % der Gesamtbevölkerung). Russische Fernsehsender sind auch in Kasachstan zu empfangen und tragen so zur Verbreitung der russischen Staatspropaganda im Nachbarland bei. , die auch in Kasachstan präsent sind. Ob die Staatsbürger-Nation aber Wirklichkeit wird, hängt von der konkreten Politik der Regierung ab, die Ankündigungen bislang noch wenig Taten folgen ließ.