Webdokumentation über das Deutsche Schauspieltheater in Temirtau und die Deutschen in der Sowjetunion zwischen Bleiben und Gehen
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Mit dem Satz „Wir treten aus unserer Rolle heraus“ begann die Resolution der ostdeutschen Theater, in der 1989 politische Reformen eingefordert wurden. Im Herbst 1990 gastierte das Deutsche Schauspieltheater 
Temirtaü
rus. Temirtau, rus. Темиртау, kaz. Теміртау

Die rund 180 km südöstlich der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan gelegene Industriestadt Temirtau wird von rund 180.000 Menschen bewohnt. Sie wurde 1945 gegründet. 1980 wurde hier für die deutsche Minderheit in der Sowjetunion ein Deutsches Theater gegründet.

 mit den Stücken AUF DEN WOGEN DER JAHRHUNDERTE und MENSCHEN UND SCHICKSALE in der noch-DDR. Mit diesen Dramen wurde zum ersten Mal öffentlich die Auswirkungen der stalinistischen Terrorherrschaft auf die deutsche Minderheit thematisiert, was einem unerhörten Tabubruch im damaligen System nahekam. Dabei sollte das Minderheitentheater ursprünglich nach Vorstellungen der Kulturbehörden die Sowjetdeutschen auf den ideologische Kurs der Partei bringen. Zusammen mit ihren ostdeutschen KollegInnen erlebten die russlanddeutschen SchauspielerInnen hoffnungsvoll und euphorisiert hautnah die Wiedervereinigung. Aber nur fünf Jahre später verließen die letzten TheatermacherInnen ihrem Publikum folgend ihre Heimat, um sich als Aussiedler im vereinigten Deutschland dauerhaft niedergelassen.
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In der Webdokumentation werden Stationen dieser einzigartigen Institution entlang der politischen Entwicklungen in der 
Sowjetunion
eng. Soviet Union, rus. Sovetskiy Soyuz, rus. Советский Союз

Die Sowjetunion (SU oder UdSSR, Russisch: Союз Советских Социалистических Республик (СССР) war ein von 1922 bis 1991 bestehender Staat in Osteuropa, Zentral- und Nordasien. Die UdSSR wurde von ungefähr 290 Millionen Menschen bewohnt und bildete mit ca. 22,5 Millionen Quadratkilometern den größten Flächenstaat der Welt. Die Sowjetunion war eine sozialistische Räterepublik mit einem Einparteiensystem.

 und speziell um die Russlanddeutschen in der Zeit zwischen 1975 und 1990 nachgezeichnet. Die Themen und Anliegen der 1980 in der Kasachischen Steppe gegründeten einzigen professionellen deutschsprachigen Bühne der späten Sowjetunion bewegten sich auf und neben der Bühne zwischen Anpassung an die Realien der reaktionären Zeit der späten 1970er und Anfang 1980er Jahre, aktiver Mitwirkung an gesellschaftlichen Reformprozessen der kurzen Demokratisierungsperiode 1985-1990, bis zur Resignation an den postsowjetischen Krisen, nicht eingehaltenen Versprechen der Behörden und dem Massenexodus der Russlanddeutschen nach Deutschland.
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Trotz demokratischer Umbrüche, zu denen das Wirken des Theaters mitbeitrug, trotz oder auch wegen einiger Zugeständnisse an die Minderheit, entschieden sich in der Zeit zwischen 1988 und 2000 etwa 1,5 Millionen Menschen für die Aussiedlung nach Deutschland. Eine bis dahin etwa 200-jährige Siedlungsgeschichte einst gerufener Kolonisten und Fachleute ging nach vielen Höhen und dramatischen Tiefen jäh zu Ende. In der Auseinandersetzung mit dieser einzigartigen Institution und deren Akteuren schildert die Webdokumentation die Umstände und Motive dieser Migrationsbewegung nach Deutschland in den späten 1980er und in den 1990 Jahren.   
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2019 übergab Rose Steinmark, die ehemalige Chefdramaturgin des Hauses, das einzigartige Theaterarchiv dem Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte. Dieser Nachlass enthält zahlreiche Originale von Bühnenbild- und Kostümentwürfen, Presseberichten und Kritiken, Programmheften und Tourneebroschüren des Theaters sowie Korrespondenzen des einzigen deutschen Theaters in der Sowjetunion der Nachkriegszeit. Einen großen Wert stellen zahlreiche Presse- und Szenenfotos, Bühnenbild- und Kostümentwürfe verschiedenster Aufführungen. Einen erheblichen Anteil des verwendeten Materials bildet das Negativarchiv des früheren Theaterfotografen Valeri Kramer. Zeitlich umfasst das Material die Periode von 1975 bis 1990.
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Akteure und Zeitzeugen dieser besonderen Geschichte berichten in der Webdokumentation über ihre eigenen Erlebnisse in und mit dieser Kulturinstitution. Sie sprechen über ihre Jugendträume und Idealismus, über Kämpfe für die Gerechtigkeit und um politische Rehabilitierung, über die Beschattung durch den KGB und Schikanen der Zensurbehörden. Aber auch über ihre Entscheidungsfindungen in der Frage zwischen Bleiben und Gehen. 
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Eine Webdokumentation von Alexej Getmann, Edwin Warkentin und Arkadiy Tsirulnikov
Unter Mitwirkung von Dr. Alfred Eisfeld, Jan Pöhlking, Charlotte Warkentin
Ein Projekt des Kulturreferats für Russlanddeutsche, des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung, des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte sowie der Ruhruniversität Bochum – Osteuropäische Studien mit Praxisbezug
Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien

Siehe auch