Niederschlesien aus der Luft: Die Wanderausstellung wirft einen spannenden Blick auf die Entwicklung der niederschlesischen Städte und stellt historische Luftaufnahmen aktuellen Luftbildern gegenüber.
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Aus dem Besitz der auch in 
Wrocław
deu. Breslau, lat. Wratislavia, lat. Vratislavia, ces. Vratislav

Wrocław (dt. Breslau) ist eine der größten Städte in Polen (Bevölkerungszahl 2022: 674.079). Sie liegt in der Woiwodschaft Niederschlesien im Südwesten des Landes.
Zunächst unter böhmischer, piastischer und zeitweise ungarischer Herrschaft übernahmen 1526 die Habsburger die schlesischen Erblande und damit auch Breslau. Einen weiteren Wendepunkt in der Geschichte der Stadt stellte die Besetzung Breslaus durch die preußischen Truppen 1741 und die anschließende Einverleibung eines Großteil Schlesiens in das Königreich Preußen dar.
Die rapide Bevölkerungszunahme und Industrialisierung führte zur sprunghaften Urbanisierung der Vorstädte und ihrer Eingemeindung, was mit der Schleifung der Stadtmauer Anfang des 19. Jahrhunderts einherging. Bereits 1840 wuchs Breslau mit 100.000 Einwohnern zur Großstadt heran. Am Ende des 19. Jahrhunderts veränderte sich das häufig noch mittelalterlich geprägte Stadtbild hin zur Großstadt wilhelminischer Prägung. Höhepunkt der Stadtentwicklung noch vor dem Ersten Weltkrieg war die Anlage des Ausstellungsparks als neuer Mittelpunkt der gewerblichen Zukunft Breslaus mit der Jahrhunderthalle von 1913, die seit 2006 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
In den 1920er und 30er Jahren erfolgte die Eingemeindung von 36 Ortschaften und der Bau von Wohnsiedlungen am Stadtrand. Um der großen Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg zu begegnen, wurden auch Wohngenossenschaften mit Siedlungsbau beauftragt.
Noch 1944 zur Festung erklärt, wurde Breslau während der folgenden Kampfhandlungen in der ersten Hälfte 1945 nahezu vollständig zerstört. Der Wiederaufbau der nun Polnisch gewordenen Stadt dauerte bis in die 1960er Jahre.
Von der etwa 20.000 Personen zählender jüdischen Bevölkerung fanden sich nach dem Zweiten Weltkrieg nur 160 Personen in der Stadt wieder. 1945–1947 wurde die nach dem Kriegsende verbliebene bzw. zurückgekehrte - deutsche - Bevölkerung der Stadt zur Auswanderung größtenteils gezwungen, an ihre Stelle wurden Menschen aus dem Gebiet des polnischen Vorkriegsstaats angesiedelt, darunter aus den an die Sowjetunion verlorenen Gebiete.
Nach dem politischen Umbruch von 1989 erhob sich die Stadt zu neuer, beeindruckender Blüte. Der Transformationsprozess und seine raumwirksamen Folgen sorgten für einen rasanten Aufschwung Breslaus, unterstützt durch den Beitritt Polens zur Europäischen Union im Jahr 2004. Heute ist Breslau eine der am besten prosperierenden Städte Polens.

ansässigen Firma Hansa-Luftbild hat das Marburger Herder-Institut in den 1960er Jahren einen Bestand von etwa 4.500 Glasplattennegativen mit Schrägluftaufnahmen aus den historischen deutschen Ostgebieten angekauft, die überwiegend ab den späten 1920er Jahren bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs entstanden sind. Als Teil der wissenschaftlichen Infrastruktur werden die Bildquellen für Forschungen zur Verfügung gestellt sowie in eigenen Projekten, häufig in Kooperation mit Partnern im In-und Ausland, ausgewertet und publiziert.

Für die Wanderausstellung und ihre Begleitpublikation wurden nun für ausgewählte Städte Niederschlesiens, zu denen Hansa-Luftbilder vorliegen, neue Luftaufnahmen durch den Fotografen und Leiter des Verlags VIA NOVA, Stanisław Klimek, angefertigt, die die historischen Motive aus aktueller Sicht zeigen und einen direkten Vergleich des historischen mit dem gegenwärtigen Zustand zulassen.

Das Projekt ist damit eine Fortsetzung einer mehr als zehnjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Herder-Institut und dem Breslauer Verlag. Nach Vorbild des von Klimek 2006 veröffentlichten Bandes „Breslau aus der Luft“ mit aktuellen Aufnahmen der schlesischen Metropole wurde bereits 2008 der Band „Breslau im Luftbild der Zwischenkriegszeit“ gemeinsam herausgegeben. Diesem folgte 2010 die Publikation „Danzig im Luftbild der Zwischenkriegszeit“. Beide Buchprojekte waren begleitet von der Präsentation attraktiver Tafelausstellungen in Polen und Deutschland.

Ausstellung wie Publikation wurden wesentlich vom herausragenden Experten für die urbane Entwicklung Schlesiens Rafał Eysymontt (Breslau) vorbereitet, die Bildbeschreibungen stammen vom Kunsthistoriker Sławomir Brzezicki (Breslau/Marburg). Die historische Dimension der reichen Kulturlandschaft Niederschlesiens könnte kaum anschaulicher und pointierter präsentiert werden.