„Religion ist Opium für das Volk!“, so formuliert Lenin 1905 ein Zitat von Karl Marx um. 80 Jahre bekämpft der sowjetische Staat Gläubige und Geistliche. Die russlanddeutsche Bevölkerung betrifft die Kirchenverfolgung besonders, wurde ihr doch einst von Katharina der Großen Religionsfreiheit zugesichert. Eine Erweiterung der Dauerausstellung am Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte nimmt ab sofort diese besondere Zeit in den Blick.
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In der Geschichte der Russlanddeutschen nahm der christliche Glaube eine besondere Stellung ein. 1762 lädt Zarin Katharina II. Fremde aus dem Ausland zur dauerhaften Ansiedlung in Russland ein. Zu ihren Versprechen gehört die Religionsfreiheit. Im Zuge der russischen Revolutionen 1917 ändert sich diese Einstellung allerdings. In der marxistischen Weltanschauung zum „Opium des Volkes“ herabgesetzt, wird Religion in Russland nach und nach verboten. Ab 1929 dürfen keine Bibeln mehr gedruckt werden. Doch deshalb hören die Menschen nicht auf zu glauben. Stattdessen wird die Ausübung von Religion oft im Geheimen fortgeführt.

Die Ausstellung „Verfolgte Kirche – Verbotene Bibel 1918-1988“ am Museum für Russlanddeutsche Kulturgeschichte widmet sich der Frage: Was passiert mit Glaube und Kirchen der Russlanddeutschen, nachdem sie offiziell verboten sind? Sie zeigt bisher unveröffentlichtes Material der geheimen Untergrundkirchen und über Generationen vor den Behörden versteckte Exponate. Dazu gehören unter anderem illegal im Untergrund betriebene Druckmaschinen, Schmuggelverstecke und geheim gehaltene Familienbibeln, welche einen Einblick in den religiösen Alltag der Russlanddeutschen zwischen 1918 und 1988 geben.

Religion bleibt bis heute für viele Russlanddeutsche ein besonderes Thema, schließlich boten Religionsgemeinschaften den „(Spät-)Aussiedler:innen“ in der (post-)sowjetischen Zeit oft einen ersten Anlaufpunkt in Deutschland. Gleichzeitig werden diese Gemeinschaften von außen noch oft als fremd wahrgenommen. Die Ausstellung ist eine Erklärung für die religiöse Diversität vieler Russlanddeutscher.
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