Vom Fluchtkoffer bis zum Popcornbereiter, von der Jacke einer Zwangsarbeiterin bis zum immerwährenden Weihnachtsbaum: Die Bestände des Donauschwäbischen Zentralmuseums vermitteln auf vielseitige Art und Weise donauschwäbische Kultur und Geschichte. Gleichzeitig haben sie eine unerwartete Besonderheit: Viele Sammlungsobjekte haben ihre Besitzer:innen auf der Flucht begleitet – und letztlich ihren Weg nach Deutschland gefunden.
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Die Sammlung des Donauschwäbischen Zentralmuseums verfügt derzeit über rund 50.000 Gegenstände. Sie enthält vor allem Zeugnisse ländlicher Alltagskultur, vor allem aus der Zeit des späten 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg. Die Bestände sind eine charakteristische Auswahl aus allen donauschwäbischen Siedlungsgebieten mit vielen berufs- und schichtspezifischen Besonderheiten. Dinge aus stadtbürgerlichen oder industriellen Milieus sind nicht so häufig vertreten; auch der Bestand an bildender Kunst ist übersichtlich. Einen inhaltlich wichtigen Sammlungsbereich stellen – überwiegend private – Fotografien dar, die das erhaltene Sachgut ergänzen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Ulmer Donauschifffahrt.

Die Sammlung enthält auch Vergleichsstücke anderer Ethnien bzw. Dinge aus übergeordneten historischen Zusammenhängen. Eine Besonderheit des Bestandes besteht darin, dass zwischen dem Museumsstandort Ulm und dem geografischen Sammelgebiet des Museums hunderte Kilometer liegen. Viele Objekte sind als Fluchtgepäck nach Deutschland gelangt; an sie knüpfen sich lebensgeschichtliche Erinnerungen, die das Museum schriftlich dokumentiert. Die Sammlung wuchs und wächst hauptsächlich aus privaten Schenkungen in Deutschland lebender Donauschwaben. Es sind überwiegend einfache Alltagsgegenstände, an die sich jedoch unerwartet vielfältige lebensgeschichtliche Erinnerungen ihrer Besitzer knüpfen. Deren Zeitzeugenberichte werden protokolliert und im Museum als „Gedächtnis hinter den Dingen“ archiviert.

Dabei erweisen sich manche gängigen Kriterien des Sammelns als hinfällig, so die Unterscheidung zwischen Original und Fälschung. Innerhalb der Erinnerungskultur von Flüchtlingen und Vertriebenen entfalten Rekonstruktionen (bzw. Konstruktionen) verlorengegangenen Kulturguts wie Trachten und Kirchenmodelle erhebliche identitätsstiftende Wirkung. Sie wurden daher ebenso in die Sammlung aufgenommen wie die „echten“ Stücke aus donauschwäbischen Siedlungsgebieten.
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