Heute eine Leidenschaft einer kleinen Zahl von Musikliebhabern – im 19. Jahrhundert gesellschaftliches Ereignis, Ausdruck nationalen Selbstbewusstseins bis hin zur musikalischen Erklärung nationaler Selbstständigkeit: Die Oper. Doch wie kommt es dazu? Welche Rolle spielt das Konzept der Nationaloper im östlichen Europa? Und was macht eine Oper überhaupt zur Nationaloper?
Nationaloper – was ist das eigentlich?
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Der Begriff „Nationaloper“ wird oft und gerne verwendet, aber was meint dieser Begriff eigentlich genau? Man kann ihn ganz offensichtlich nicht allein durch eine Analyse der Musik erklären. Ganz unterschiedliche Musikwerke wie etwa Richard Wagners (1813–1883) Die Meistersinger von Nürnberg ( UA UA „UA“ ist die Abkürzung für „Uraufführung“. Angesichts der häufig mehrjährigen (und manchmal gar nicht mehr nachvollziehbaren) Entstehungszeit großer Musikwerke wird beispielsweise bei Opern oder Sinfonien häufig das Datum der Uraufführung mit angegeben. Dies ist auch wichtig, um die Wirkungsgeschichte eines Werkes und deren Beginn besser einordnen zu können. 1868), Stanisław Moniuszkos (1819–1872) Halka (UA 1848/58) oder Bedřich Smetanas (1824–1884) Libuše (UA 1881) wurden und werden als Nationaloper bezeichnet, ohne dass eine Analyse der Musik eindeutige Merkmale dafür angeben kann, was diese Opern eigentlich zu Nationalopern macht. Oft ist es so, dass erst die Aufnahme des Publikums darüber entschied, dass eine Oper fortan als Nationaloper galt – mitunter auch dann, wenn der Komponist das gar nicht beabsichtigt hatte und von dieser Wirkung seines Werks überrascht war.
Oper als Demonstration gesellschaftlicher Leistungsfähigkeit
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Die Nationaloper des 19. Jahrhunderts war, so könnte man formulieren, eine Oper, mit der Angehörige einer Nation ihre politische Potenz, ihr Recht auf politische Selbständigkeit und ein eigenes Staatswesen untermauern wollten. Aus heutiger Sicht ist es erstaunlich, welch zentrale Rolle bei diesen Prozessen der Nationsbildung gerade die Musik und die Oper einnahm, eine Kunst, die heute eher als schöngeistige Beschäftigung einer elitären Gesellschaftsschicht jenseits der tagespolitischen Auseinandersetzungen gilt.
Tatsächlich war Oper im 19. Jahrhundert wie kaum ein anderes Projekt geeignet, die kulturelle Leistungsfähigkeit sowie die organisatorischen und personellen Möglichkeiten einer Nation unter Beweis zu stellen. Ihrer Struktur nach ist Oper die komplexeste Gattung der Musik. Trotz der Unkörperlichkeit der Musik ist Oper am stärksten dinglichen, materiellen Zwängen verhaftet: Zu ihrer szenischen Realisierung ist ein großes Gebäude mit Opernbühne notwendig. Bühnenbilder müssen in handwerklicher Arbeit hergestellt, Orchester aufgestellt werden. Eine Vielzahl von Akteuren aus all diesen Sparten müssen zusammenwirken, um ein Opernprojekt Wirklichkeit werden zu lassen. Diese notwendige große gesellschaftliche Beteiligung unterscheidet die Oper von anderen Musikgattungen wie etwa dem Konzert, der Sinfonie oder kammermusikalischen Formen.
Eine Gemeinschaft also, die fähig war, mit eigenen Kräften so etwas Komplexes wie eine abendfüllende, repräsentative Oper auf die Beine zu stellen, hatte damit nicht nur ihren kulturellen Bildungsstand, sondern auch ihre Leistungsfähigkeit in organisatorischer Hinsicht und das Vorhandensein guter Personalressourcen unter Beweis gestellt – alles Voraussetzungen, die für das Ziel eines eigenen Staatswesens unabdingbar waren.
Das neue Verständnis von Nation im 19. Jahrhundert
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Das Konzept Nationaloper entstand gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als der Begriff der Nation in ganz Europa einem grundsätzlichen Wandel unterlag. Hatte man zu einer Nation in früheren Jahrhunderten oft nur die Adligen gezählt, die als politische Akteure am Geschick des Staatswesens Anteil hatten, so verstand man sie nun als Gesamtheit der Bevölkerung, die durch eine gemeinsame Kultur, Sprache und Herkunft miteinander verbunden war. Dieses neue ethnische Konzept der Nation war keine theoretisch-schöngeistige Spielerei, sondern wurde seit dem Moment seiner Entstehung zu politischen Zwecken nutzbar gemacht.
War es im Westen des Kontinents das Bürgertum, das auf der Opernbühne sein politisches Geltungsbedürfnis mit Mitteln der Kunst darstellte, so wurde der nationale Gedanke im östlichen Europa vielfach auch vom Adel getragen. Während sich die Nationalbewegungen im Westen des Kontinents meist als gesellschaftliche Machtverschiebungen innerhalb bestehender Staaten darstellten, waren die Nationalbewegungen im östlichen Europa zumeist Versuche einer bürgerlich-adligen Intelligenzschicht, einen Nationalstaat aus einem größeren Vielvölkergebilde herauszubrechen.
Für die Künste, das heißt Literatur, Malerei und Musik, wurde die sogenannte „Volksgeist“-Hypothese von Johann Gottfried Herder (1744–1803) bedeutsam. Herder postulierte die Anwesenheit eines „Volksgeistes“ vorzugsweise in den unteren, ländlichen Schichten der Bevölkerung. Hier sei seiner Ansicht nach noch jener Schatz an althergebrachten Traditionen, Gebräuchen und Überlieferungen erhalten geblieben, der das eigentliche Wesen der Nation ausmache. Auf dieser Grundlage begannen städtische Intellektuelle gegen Ende des 18. Jahrhunderts, auf das Land zu fahren, um genau solche Formen immaterieller Kultur – mündlich weitergegebene  Erzählungen, jedoch eben auch  Liedgut – aufzuzeichnen. Später wurden diese Lieder gezielt in Nationalopern aufgenommen, um so – wenigstens für das entsprechend informierte Publikum – zweifelsfrei den nationalen Charakter des Werks herauszustellen.
Europäischer Siegeszug eines Konzepts
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Auf der Grundlage dieses Konzepts schossen nun in Europa Nationalopern geradezu wie Pilze aus dem Boden und bildeten künstlerische „Flaggschiffe“ der Nationen. Am deutlichsten wird das im östlichen Europa, wo es darum ging, mit Hilfe des Nationalgedankens eigenständige, souveräne Staaten zu schaffen. Bereits im 18. Jahrhundert entstanden polnische und russische Opern, im 19. Jahrhundert dann schließlich die Nationalopern Halka und Straszny dwór (Das Gespensterschloss, UA 1865) von Stanisław Moniuszko beziehungsweise Ivan Susanin (UA 1936) von Michail Glinka (1804–1857), in Russland gefolgt von weiteren Werken anderer Komponisten. František Škroups (1801–1862) Dráteník (Der Drahtbinder, UA 1826) stand am Beginn der tschechischen Opernbewegung, die mit Werken wie Smetanas Braniborý v Čechách (Die Brandenburger in Böhmen, UA 1866), Prodaná nevěsta (Die verkaufte Braut, UA 1866) und Libuše zu Nationalopern großen Formats führte. In Ungarn gelten die beiden Opern Hunyadi László (UA 1844) und vor allem Bánk Bán (UA 1861) von Ferenc Erkel (1810–1893) als Nationalopern.
Weniger bekannt, aber für die Musik- und Kulturgeschichte der Region von großer Wichtigkeit sind die Werke des Begründers des Illyrismus Illyrismus Der Illyrismus war eine kulturelle und politische Bewegung zwischen 1830 bis 1848, die die panslawistische Idee auf den Raum der Südslawen im Habsburgerreich übertrug und vor allem für die kroatische Nationsbildung bedeutend war. in der Musik, Vatroslav Lisinski (1819–1854), mit seinen Opern Ljubav i zloba (Liebe und Bosheit, UA 1846) und Porin (UA 1851) und des kroatischen Komponisten Ivan Zajc (1832–1914) mit der Oper Nikola Šubič Zrinjski (UA 1876). Weitere Nationalopern entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wie etwa die litauische Oper Birutė (UA 1906) von Mikas Petrauskas (1873–1937), die Opern des aserbaidschanischen Komponisten Üzeyir Hacıbəyov (1885–1948), Leyli va Madschnun (Leyli und Madschnun, UA 1908), oder des georgischen Komponisten Sakaria Paliaschwili (1871–1933) Absalom da Eteri (Abessalom und Eteri, UA 1913–1919). Die letzten zwei Opern belegen zugleich, wie weit nach Osten das kulturhistorische Konzept Nationaloper in jener Zeit ausstrahlte.
Gleiche Funktion, aber unterschiedliche Stilistik
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Es war aber nicht damit getan, auf der Grundlage des vorgefundenen Volksliedmaterials Opern zu komponieren. Darüber, ob das Werk in den Rang einer Nationaloper erhoben wurde, entschied das Publikum. Und das war nur möglich, wenn die Oper sowohl vom Inhalt der Handlung als auch von der Stilistik der Musik her die Bedürfnislage des Publikums genau traf.
Diese Bedürfnisse waren aber keinesfalls gleichbleibend, sondern veränderten sich fortlaufend und waren auch von Nation zu Nation verschieden. Deswegen weisen die europäischen Nationalopern außerordentlich breite stilistische Unterschiedlichkeit und variierende inhaltliche Anlagen auf. So wanderte die Etikettierung „Nationaloper“ im Laufe der Zeit – analog fortschreitender musikalischer Entwicklungen – oft von einem Werk zum anderen. Galt anfangs beispielsweise Carl Maria von Webers (1786–1826) Der Freischütz (UA 1821) als die deutsche Nationaloper, so wurde er schließlich in dieser Funktion von Richard Wagners Meistersingern (1868) abgelöst. Ähnlich verhielt es sich in der polnischen Musik: Jan Stefanis (1746–1829) Krakowiacy i Górale (UA 1794) galten solange als polnische Nationaloper, bis Moniuszkos Halka (1848/58) dieses Werk in dieser Funktion ablöste. In beiden Fällen war in der Zwischenzeit die musikalisch-stilistische Entwicklung so weit fortgeschritten, dass die früheren Werke in ihrer Komposition nicht mehr geeignet waren, die künstlerische Leistungsfähigkeit der eigenen Nation unter Beweis zu stellen.
Andererseits waren die nationalen Musiktraditionen und Hörgewohnheiten überall sehr unterschiedlich. Die Lebendigkeit der deutschen Singspieltradition und der französischen Balletttradition bewirkten die Entstehung musikalisch höchst unterschiedlicher Werke, die jeweils anderen Gattungen zugerechnet werden. Dennoch kann man die romantische Oper Der Freischütz und den Grand opéra Grand opéra Als Grand opéra (große Oper) bezeichnet man eine französische Opernform des 19. Jahrhunderts. Sie zeichnet sich insbesondere durch ihren großen Aufführungsaufwand aus. Zum Einsatz kommen beispielsweise Massenchöre, große Bühnenensembles, eine umfangreiche Bühnenausstattung und Ballettszenen. Les Huguenots (UA 1836) von Giacomo Meyerbeer (1791–1864) gleichermaßen als Nationalopern bezeichnen, wenn man die Werke von ihrer gesellschaftlichen Funktion her betrachtet.
Die Nationaloper als Diskussionsforum der Kernfragen der Nation
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Der Inhalt der Oper war für die Anerkennung des Werks als Nationaloper mindestens genauso wichtig. Eine Nationaloper stellte in ihrem behandelten Sujet ein zentrales Kernthema der aktuell in der nationalen Gemeinschaft diskutierten Fragen auf der Bühne dar. Meistens ging es um das Verhältnis von nationaler und sozialer Frage, den beiden großen Themenkomplexen des 19. Jahrhunderts. Je nachdem, wie diese Fragen in einer nationalen Gemeinschaft behandelt wurden, fielen auch die realisierten Opernprojekte aus.  
Das zeigt ein Vergleich zwischen der Situation in der tschechischen und der polnischen Kultur. Traditionell war die tschechische Kultur im 19. Jahrhundert bürgerlich geprägt und stand im Gegensatz zur habsburgisch-deutsch ausgerichteten adligen Verwaltungsschicht. Die polnische Nationalbewegung hingegen wurde bis weit in das 19. Jahrhundert hinein ausschließlich vom Adel getragen, ein Bürgertum als gesellschaftlich wirksamer Stand existierte kaum, und die bäuerliche Landbevölkerung wurde erst spät in den Prozess der nationalen Bewusstseinsbildung einbezogen. Während sich tschechische Opernprojekte daher oft auf Szenen des tschechischen Lebens konzentrierten, stellten polnische Opernprojekte den Gegensatz zwischen Adligen und Untergebenen in den Vordergrund.
Auch spiegelten sich die unterschiedlichen Entwürfe von der Art der eigenen Nation in den Opernprojekten wider. Die bedeutendsten Opern Moniuszkos, Halka und Straszny dwór, nehmen beide das Thema der Multikulturalität des ehemaligen polnisch-litauischen Doppelreiches, der Republik beider Nationen auf, indem polnische mit litauischen, ukrainischen und belarussischen musikalischen Elementen zu einer Synthese verarbeitet werden. Die tschechische Nationalbewegung, der ein vergleichbares Konzept zunächst fehlte, präsentierte hingegen vor allem den Gegensatz zwischen der eigenen tschechischen und der anderen deutschen Musik.
Nationaloper, Revolution und nationaler Aufstand
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Einer bereits von den Zeitgenossen kolportierten Legende zufolge, die es bis in heutige Opernführer geschafft hat, war eine Brüsseler Aufführung der Oper La Muette de Portici (Die Stumme von Portici, UA 1828) des Komponisten Daniel-François-Esprit Auber (1782–1871) im Sommer 1830 der Auslöser für die Loslösung Belgiens von den spanischen Niederlanden, die damit angeblich buchstäblich von der Opernbühne ausging. Neuere Forschungen haben diese Legende zwar widerlegt, unbestritten ist jedoch – und darauf kommt es an –, dass diese Oper von den Zeitgenossen tatsächlich als Manifest nationalen Freiheitswillens wahrgenommen wurde. In dem im Zuge des Novemberaufstands 1830 kurzzeitig von der russischen Herrschaft befreiten 
Warszawa
deu. Warschau, eng. Warsaw

Warschau ist die Hauptstadt Polens und zugleich die größte Stadt des Landes (Bevölkerungszahl 2022: 1.861.975). Sie liegt in der Woiwodschaft Masowien an Polens längstem Fluss, der Weichsel. Warschau wurde erstmals Ende des 16. Jahrhunderts Hauptstadt der polnisch-litauischen Adelsrepublik und löste damit Krakau ab, das zuvor polnische Hauptstadt gewesen war. Im Rahmen der Teilungen Polen-Litauens wurde Warschau mehrfach besetzt und schließlich für elf Jahre Teil der preußischen Provinz Südpreußen. Von 1807 bis 1815 war die Stadt Hauptstadt des Herzogtums Warschau, einem kurzlebigen napoleonischen Satellitenstaat; im Anschluss des Königreichs Polen unter russischer Oberherrschaft (dem sog. Kongresspolen). Erst mit Gründung der Zweiten Polnischen Republik nach Ende des Ersten Weltkriegs war Warschau wieder Hauptstadt eines unabhängigen polnischen Staates.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Warschau erst nach intensiven Kämpfen und einer mehrwöchigen Belagerung von der Wehrmacht erobert und besetzt. Schon dabei fand eine fünfstellige Zahl an Einwohnern den Tod und wurden Teile der nicht zuletzt für seine zahlreichen barocken Paläste und Parkanlagen bekannten Stadt bereits schwer beschädigt. Im Rahmen der anschließenden Unterdrückung, Verfolgung und Ermordung der polnischen und jüdischen Bevölkerung wurde mit dem Warschauer Ghetto das mit Abstand größte jüdische Ghetto unter deutscher Besatzung errichtet, das als Sammellager für mehrere hunderttausend Menschen aus Stadt, Umland und selbst dem besetzten Ausland diente und zugleich Ausgangspunkt für die Deportation in Arbeits- und Vernichtungslager war.

Infolge des Aufstandes im Warschauer Ghetto ab dem 18. April 1943 und dessen Niederschlagung Anfang Mai 1943 wurde das Ghettogebiet systematisch zerstört und seine letzten Bewohner verschleppt und ermordet. Im Sommer 1944 folgte der zwei Monate dauernde Warschauer Aufstand gegen die deutsche Besatzung, in dessen Folge fast zweihunderttausend Polen ums Leben kamen und nach dessen Niederschlagung auch das restliche Stadtgebiet Warschaus von deutschen Einheiten weitgehend und planmäßig zerstört wurde.

In der Nachkriegszeit wurden zahlreiche historische Gebäude und Teile der Innenstadt, darunter das Warschauer Königsschloss und die Altstadt, wiederaufgebaut - ein Prozess, der bis heute andauert.

 sah man es deshalb als vordringlichste Aufgabe an, gerade diese Oper auf die Bühne zu bringen. Deutliche Nachwirkungen von Aubers Muette sind auch bei Stanisław Moniuszkos Halka zu finden.
Die Arie aus dem 2. Akt der Oper Bánk Bán von Ferenc Erkel spielte mit ihren Worten „Hazám, hazám, te mindenem“ – „Mein Haus, Mein Haus, mein Alles“ – in Ungarn neben der Nationalhymne eine wichtige identitätsstiftende Rolle. Für die kroatische Nationalbewegung wiederum nahm der Chor „U boj, u boj“ – „Zum Kampf, zum Kampf“ – aus Ivan Zajc’ Nikola Šubič Zrinjski eine ähnliche Funktion ein. In diese Reihe lässt sich neben vielen anderen Beispielen auch der berühmte „Gefangenenchor“ in Giuseppe Verdis (1813–1901) Oper Nabucco (1842) einfügen.
Anerkennung vor der europäischen Völkerfamilie
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Es genügte nun allerdings keineswegs, Werke zur Nationaloper zu erheben, die lediglich das Gefallen der eigenen Öffentlichkeit fanden. Ein solches Werk konnte eine Identitätsstiftung nach innen zwar leisten, versagte aber vor der Aufgabe der Identitätsstiftung nach außen, erst recht, wenn das Werk im Ausland in die Kritik geriet, gar als Nachahmungsversuch gebrandmarkt wurde. Eine Nationaloper, die  die nationale und politische Anspruchshaltung auch nach außen hin repräsentieren sollte, musste also bei führenden Musikkritikern und internationalen musikalischen Kreisen Anerkennung erwecken – und angesichts der musikalischen Geographie des 19. Jahrhunderts bedeutete das die Notwendigkeit der Anerkennung vor allem durch Angehörige der damals so genannten „großen Musiknationen“, nämlich Deutschlands, Österreichs, Italiens und Frankreichs.
Eine Nationaloper im östlichen Europa hatte damit die stilistischen Vorgaben der italienischen und deutschen Vorbilder im Wesentlichen zu erfüllen, durfte sie aber auch nicht einfach kopieren, damit nicht das wiederum zu ihrer Ablehnung führte. Dieser Zusammenhang wirkte wie eine Art ästhetisch-stilistische Klammer, die die so variable Form der Nationaloper doch zu einer Art Gattung werden lässt. Das Resultat war die Ausbildung der für viele Nationalopern des 19. Jahrhundert kennzeichnende Kombination aus romantischer beziehungsweise spätromantischer Stilistik mit mehr oder weniger starker Etikettierung durch eigene, nationale Symbole, Melodien, Tanzsätze und -rhythmen und mehr.
Erst der Erste Weltkrieg wirkte hier wie ein Endpunkt. Mit ihm lösten sich nicht nur viele der alten musikästhetischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge und Verbindungslinien auf. Auch musikgeschichtlich brach ein neues Zeitalter an.

Siehe auch