Am 18. November 1944 flieht die neunjährige Elsa Beck mit ihrer Mutter und ihrer Schwester aus dem ungarischen Dorf Máriakéménd. Die Mutter erlaubt Elsa mitzunehmen, was sie selbst tragen kann. Elsa entscheidet sich für ihren Schulkoffer. Dieser befindet sich heute im Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm.
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Ein Köfferchen aus Pappe benutzten die Kinder in Ungarn früher als Schulranzen. Auch Elsa Beck, die 1942 eingeschult worden ist, trägt darin ihre Schulbücher. Elsas Familie gehört zu den Ungarndeutschen in der „
Schwäbische Türkei
hun. Sváb-Törökország, eng. Swabian Turkey

Die Schwäbische Türkei ist eine deutsche Sprachinsel im Südwesten Ungarns und ein historisch bedeutendes Siedlungsgebiet deutschsprachiger Auswanderergruppen. Bei ihnen handelte es sich zwar nur teilweise um Siedler aus dem schwäbischen Raum, trotzdem wurde von ihnen der Name der Schwäbischen Türkei und zugleich die Sammelbezeichnung der sog. Donauschwaben abgeleitet.

“, einem Gebiet südlich des Plattensees. In ihrem Heimatort
Máriakéménd
hrv. Kemed

Máriakéménd ist eine ungarische Gemeinde im Kreis Bóly im Komitat Baranya. In den Jahren 1720 bis 1741 wurden dort deutschsprachige Bevölkerungsgruppen angesiedelt, deren Nachfahren ab dem Jahr 1947 wieder zwangsausgesiedelt wurden.

) leben nur Deutsche, deshalb findet der Unterricht in deutscher Sprache statt. Die Landessprache Ungarisch wird erst ab der dritten Klasse unterrichtet.
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Der Zweite Weltkrieg scheint sich in weiter Ferne abzuspielen. Nur Elsas Vater Johann fehlt ihr. Die Armee hat ihn, obwohl er schon 50 Jahre alt ist, als Soldaten eingezogen. Seitdem sind Elsa, ihre 20-jährige Schwester Rosa und ihre Mutter Augustine auf sich gestellt.
Elsa Becks unbeschwerte Kindheit endet am 18. November 1944. An diesem Tag bricht ein Großteil der Dorfbewohner in Richtung Westen auf. Elsas Mutter hat die Entscheidung zur Flucht bis zu diesem Zeitpunkt hinausgezögert, obwohl ihr Mann sie schon in mehreren Briefen gewarnt hat. Doch nun wächst ihre Angst vor der näher rückenden Front und sie schließt sich den anderen an.
Mutter und Töchter können nur das Notwendigste mitnehmen: Kleidung, Bettzeug, etwas Geschirr, Lebensmittel. Die Mutter erlaubt Elsa, ihr Gepäck selbst auszuwählen – allerdings soll sie es allein tragen können. Elsa entscheidet sich für ihre Puppe und das Köfferchen mit ihren Schulbüchern. 
Acht Tage dauert es, bis die Flüchtlingsgruppe in
Österreich
eng. Austria

Österreich ist ein von ungefähr 8,9 Millionen Einwohner:innen bewohntes Land in Mitteleuropa. Hauptstadt des Landes ist Wien.

ankommt. Das Kriegsende erleben die Becks in der Steiermark. Für Elsa beginnt hier wieder der Schulunterricht. Ihr kleiner Koffer jedoch bereitet ihr keine rechte Freude mehr. An ihm erkennen die Einheimischen, dass sie ein Flüchtlingskind ist, denn in Österreich benutzten die Schulkinder einen Ranzen. 
Anderthalb Jahre später wird Elsa mit Mutter und Schwester aus Österreich ausgewiesen - nicht zurück nach Ungarn, sondern in die Bundesrepublik. Ihr neues Leben beginnen die drei als Mägde auf einem schwäbischen Bauernhof. Elsa muss sich um die Kinder der Bauernfamilie kümmern; Freizeit wie andere Schüler hat sie kaum. Dennoch fühlt sie sich immer mehr zu Hause und findet im Bauern sogar einen Ersatz für ihren im Krieg verschollenen Vater.
Den kleinen Koffer und ihre Schulbücher bewahrt Elsa als Andenken jahrzehntelang auf. Schließlich übergibt sie ihn mitsamt Inhalt an das Donauschwäbische Zentralmuseum in Ulm.

Siehe auch